Geflüchtete machen gegen die AfD mobil

nd-Serie: Wer demonstriert am Sonntag gegen den Aufmarsch der Rechtsaußenpartei?

  • Niklas Franzen
  • Lesedauer: 3 Min.

»Rassismus? Erlebe ich jeden Tag.« Samee Ullah ist 35 und lebt seit fünf Jahren in Deutschland. Gegen Anfeindungen setzt er sich regelmäßig zur Wehr. Am Sonntag will er zusammen mit vielen Anderen gegen die fremdenfeindliche AfD auf die Straße gehen, die zu einer bundesweiten Demonstration nach Berlin aufruft. Ullah ist aktiv bei »We‘ll Come United Berlin«. Das antirassistische Netzwerk hat eine Kundgebung in der Nähe der rechten Demoroute angemeldet. Ullah meint: »Am Sonntag wollen wir zeigen, dass Berlin nicht nur eine globale, sondern auch eine solidarische Stadt ist – und dass unser Protest lauter ist, als ihr Hass.«

Ullah kommt aus Pakistan. Dort arbeitete er als Flugzeugmechaniker, war politisch aktiv. Im Jahr 2013 musste er wegen seines Engagements fliehen. Über Umwege kam er nach Deutschland. Hier lebte er in Lagern, erfuhr Gewalt und Schikane. »Ich wurde zwangsweise wieder zum Aktivisten.« Viele Menschen in den Erstaufnahmelagern hatten Angst, Missstände anzuklagen, Ullah nicht: »Ich wollte Verantwortung übernehmen und den anderen Geflüchteten zeigen, dass sie für ihre Rechte kämpfen müssen.«

Berliner*innen gegen die AfD
Am Sonntag will die AfD in Berlin demonstrieren. In den kommenden Tagen stellen wir Menschen aus Kulturbereich, Partyszene und Aktivismus vor, die sich den Rechten entgegenstellen werden. 

Heute lebt er in Berlin, seine große Leidenschaft: das Theater. Ullah koordiniert Projekte für sieben Berliner Theater, steht selbst auf der Bühne. Eine Festanstellung hat er trotzdem bis heute nicht: »Wenn ich mal wieder eine Absage für einen Job bekomme, stelle ich mir schon die Frage, ob es nicht an meiner Hautfarbe liegt.«

Zusammen mit anderen Geflüchteten gründete Ullah im Jahr 2017 die antirassistische Initiative »We‘ll Come United Berlin«. Im vergangenen September organisierte das Netzwerk eine Parade in der deutschen Hauptstadt. Tausende zogen für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte durch die Straßen der Hauptstadt.

Nun geht es gegen die AfD. Denn: Die Rechts-Außen-Partei stelle »eine große Gefahr« für Geflüchtete dar. In einem Aufruf schreibt das Netzwerk: »Wir sind diejenigen, gegen die die Rechten hetzen und die von ihnen angegriffen werden. Wir sind das Gegenkonzept zur AFD, das Gegenkonzept zu Rassismus und Nationalismus. Wir kämpfen für ein solidarisches Miteinander, offene Grenzen und gleiche Rechte für Alle! Wir sind die Geflüchteten, die Migrant*innen und die Solidarischen, die gemeinsam dafür einstehen, dass Berlin antirassistisch und weltoffen bleibt.«

Jedoch soll am Sonntag nicht nur gegen die AfD demonstriert werden, sondern auch die deutsche Abschiebepolitik kritisiert werden. »Erst gestern wurden wieder Abschiebungen nach Afghanistan durchgeführt«, sagt Ullah. »Länder wie Afghanistan sind nicht sicher.« Auch die Unterbringung von Geflüchteten in Lagern müsse beendet werden und Zugänge zum Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Ullah weiß, wovon er spricht: Vier Jahre hat er auf seine Arbeitserlaubnis gewartet. Auch am Theater will Ullah die Stimme von Geflüchteten hörbar machen: »Es kann nicht sein, dass nur Weiße Stücke über das Schicksal von Geflüchteten schreiben. Wir müssen unsere Geschichte selbst erzählen.«

Am Sonntag will die AfD durch das Regierungsviertel demonstrieren. »We‘ll Come United Berlin« veranstaltet eine »antirassistische Bühne« auf dem Bertolt-Brecht-Platz, zahlreiche Initiativen unterstützen das Event. Konzerte, Theateraufführungen und Reden sind geplant. In Hörweite der rechten Demo soll gegen Nazis und für gleiche Rechte demonstriert werden.

Und wie geht es nach dem AfD-Aufmarsch weiter? Anfang Juli organisiert »We’ll Come United Berlin« ein antirassistisches Sommercamp. Und für den 29. September ist eine bundesweite Parade in Hamburg geplant. Das Motto: »United against racism«.

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