Schmieriges Strandgut

Am Greifswalder Bodden wird Fett angespült. Stammt es von einem Pipelinebau-Schiff?

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Blauviolett schimmernd treiben sich dieser Tage giftige Quallen, mit langen Tentakeln bewaffnete »Portugiesische Galeeren« an Mittelmeerstränden herum, machen Urlaubern Angst. Aber auch in Deutschlands Nordosten sorgt derzeit an der Küste etwas blauviolett Schimmerndes für Besorgnis. Schmierfettklumpen, zwischen fünf und zehn Zentimeter groß, sind am Greifswalder Bodden und am Strelasund angespült worden. So gefährlich wie die glibberigen Nesseltiere sind sie keinesfalls. Dennoch könne eine »geringfügige giftige Wirkung« von jenem Fett ausgehen, meldet Mecklenburg-Vorpommerns Umweltministerium und warnt: Nicht berühren!

Wer Kinder begleitet, sollte darauf achten, dass sie das fettige Zeug nicht anfassen oder mit bloßen Füßen dagegen treten. Kommt es zu Hautkontakt, und das gilt auch für Erwachsene, so heißt es: Die betroffenen Stellen gründlich mit Wasser und Seife waschen. »Sollten Teile der Substanz in die Atemwege oder die Augen gelangt, eventuell sogar verschluckt worden sein, so ist in jedem Fall unverzüglich ein Arzt aufzusuchen!«, mahnt das Ministerium.

Es ermittelt derzeit, und das tut auch die Wasserschutzpolizei, woher das schmierige Strandgut kommt. Womöglich von einem der Baggerschiffe, die in der Ostsee beim Bau der Ölpipeline Nord Stream 2 eingesetzt sind. Maschinenfett, das auf einem dieser Schiffe verwendet wird, ist nach bisherigen Erkenntnissen das gleiche, aus dem sich die angeschwemmten Klumpen zusammensetzen.

Wenn auch die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, so haben doch die Pipelinebauer gegenüber dem Umweltministerium erklärt, »unbürokratisch in Eigenregie die Beräumung und Entsorgung der Verunreinigungen« durchzuführen. Außerdem hat Nord Stream 2 inzwischen eine Telefon-Hotline eingerichtet, unter der Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr weitere Schmierfett-Funde melden können: (030) 28 87 58 116.

Gemeldet, mit erneuter Kritik am Pipelineprojekt, hat sich angesichts der Klumpenfunde der Umweltverband Nabu. Aktive aus seinen Reihen seien seit Tagen an den Stränden unterwegs, um das Ausmaß der Verschmutzung zu dokumentieren, unter anderem auf dem Struck, den Freesendorfer Wiesen und am Strand von Wampen. Die Fettfunde seien ein zusätzlicher Grund, den sofortigen Baustopp zu fordern, zumindest bis zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald über die Klage des Naturschutzbundes gegen den Pipelinebau. Er werde sich schädlich auf besonders geschützte Gebiete auswirken, argumentiert die Organisation unter anderem.

Üble Auswirkungen könnten auch die am Strand gefundenen Klumpen haben, so der Nabu, denn: Sie bestünden aus mineralölbasierten Fetten, die für Menschen und Umwelt gefährlich seien, So sei es nicht auszuschließen, dass Vögel die Substanz für Futter halten und aufnehmen. Der Naturschutzbund meint, dass es sich bei dem angespülten Schmierfett »nur um die Spitze des Eisbergs handelt«. Segler hätten berichtet, dass bereits am Pfingstwochenende auf dem Wasser fußballgroße Fettklumpen zu sehen waren. »Sie verkleinern sich und beginnen, sich aufzulösen; damit besteht die Gefahr, dass giftige Substanzen ins Wasser übergehen«, so der Umweltverband.

Er blickt zurück auf den Bau der ersten Nord-Stream-Pipeline. Schon damals habe die Feuerwehr Strände von Schmierfetten reinigen müssen. Trotzdem sei die Genehmigung für Nord Stream 2 erteilt worden, ohne sie mit Auflagen zu versehen, die derartige Verunreinigungen verhindern könnten. Zum Beispiel dadurch, dass die Behörden vorschreiben: Bei allen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Bau der Pipeline dürfen ausschließlich biologisch abbaubare Öle und Fette verwendet werden.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.