DGB will mehr Geld für Weiterbildung

BA-Arbeitnehmervertreter bemängeln Mittelvergabe

  • Roland Bunzenthal
  • Lesedauer: 3 Min.

»Die Arbeitswelt steht vor großen Veränderungen«, beginnt ein Positionspapier des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mit dem Titel »Arbeitsfeld im Wandel. Weiterbildung stärken«. Die Digitalisierung der Arbeitsprozesse, der Klimawandel, demografische Veränderungen und ein verändertes Konsumverhalten der Menschen würden dazu führen, dass Millionen Arbeitsplätze sich inhaltlich verändern oder sogar ganz verschwinden würden, heißt es darin weiter. An anderer Stelle entstünden neue Arbeitsplätze, die zum Teil andere Anforderungen hätten oder völlig neue Kenntnisse erforderten. »Die Herausforderung besteht darin, diesen Strukturwandel zu bewältigen, ohne dass die Menschen arbeitslos werden«, konstatieren die Gewerkschafter in ihrem Papier.

In ihm beklagen die Gewerkschaftsvertreter im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit, dass vor allem die Jobcenter zu wenige Mittel für Qualifikationsmaßnahmen zur Verfügung haben. Jeder fünfte Arbeitslosengeldbezieher hat Aussicht auf eine Weiterbildung, um einen Berufsabschluss nachzuholen, dagegen können im Hartz-IV-System maximal fünf Prozent der Arbeitslosen mit einer Qualifizierung rechnen.

Die amtierende BA-Verwaltungsratsvorsitzende Annelie Buntenbach, die auch DGB-Vorstandsmitglied ist, rechnet vor, dass in der Arbeitslosenversicherung für Weiterbildung pro Kopf 1513 Euro zu Verfügung stehen. Für Hartz-IV-Bezieher sind es jedoch nur 156 Euro. »Diese Misere in der Arbeitsförderung zeigt, wie notwendig die aktuelle Debatte über Alternativen zum gescheiterten Hartz-IV-System ist«, so Bun- tenbach.

Sie sind ein undogmatisches »Pragmatiker-Duo« - der Arbeitgebervertreter im BA-Verwaltungsrat, Peter Clever, und die grüne DGB-Vorstandsfrau Annelie Buntenbach. Zusammen leiten sie im alljährlichen Wechsel den 21-köpfigen Verwaltungsrat der Nürnberger Behörde. Nicht immer ist die Suche nach einem Konsens erfolgreich. Die drei großen Interessensgruppen - Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und der Staat - haben jeweils sieben Vertreter im Gremium der BA.

Da die Verwaltungsräte ehrenamtlich entsandt sind und nicht gewählt werden, steht nirgends geschrieben, wen sie mehr repräsentieren - die Beitragszahler, die Arbeitslosen, die Nürnberger Behörde oder die Gebietskörperschaften. Daran entzündet sich gelegentlich Streit - wie jüngst bei der Frage, ob der Überschuss der BA von schätzungsweise fünf Milliarden Euro im laufenden Jahr für eine Senkung des Beitragssatzes oder für den Ausbau der Weiterbildungen verwendet werden soll.

In ihrem Positionspapier wollen die Gewerkschaften vier verschiedene Zielgruppen mit zusätzlich 800 Millionen Euro fördern. Dazu gehören auch ältere Beschäftigte im Betrieb, die den Anschluss an die technische Entwicklung wagen wollen. Auseinandergehende Meinungen in der BA-Selbstverwaltung bestehen auch beim Thema Vermeidung von Arbeitslosigkeit durch Qualifizierung der Beschäftigten und wer dafür zuständig ist - die BA oder die Betriebe.

»Betriebe oder Spezialisten, die von Betrieben beauftragt werden, können Weiterbildung am besten«, meint Arbeitgebervertreter Clever. Denn dabei sei sichergestellt, dass die Weiterbildung sich auch an der betrieblichen Praxis orientiere. Dagegen plädieren die Gewerkschaften für eine betriebsneutrale Qualifizierung, die auch ein Wechsel zu anderen Arbeitgebern erlaubt.

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