Mehrheit der Berliner findet Hausbesetzungen legitim

Anhänger der LINKEN und Grünen befürworten Aneignung von leerstehenden Häusern / SPD-Unterstützer gespalten

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Gleich neun Häuser wurden an Pfingsten in Berlin besetzt oder »scheinbesetzt«. Sind Aktionen wie die der Kampagne #besetzen legitim? Viele Menschen in Berlin denken: ja. 53 Prozent halten laut einer Umfrage gesetzeswidrige Hausbesetzungen für ein legitimes Mittel, um auf Wohnungsnot aufmerksam zu machen. Im Osten Berlins sind es 57, im Westteil 50 Prozent, wie eine Forsa-Umfrage im Auftrag der »Berliner Zeitung« (Montag) ergab.

Vor allem Anhänger der LINKEN und der Grünen in Berlin sprechen sich laut der Umfrage mit 83 beziehungsweise 77 Prozent für solche Aktionen aus. Die Politiker der Linkspartei hatten sich jüngst sowohl auf Landesebene als auch per Vorstandsbeschluss auf Bundesebene mit Hausbesetzern solidarisiert und handeln damit offenbar im Einklang mit der Meinung ihrer Wähler. Auch die Grünen-Politikerin Katrin Schmidberger hatte nach den Aktionen der Kampagne #besetzen Sympatien für Hausbesetzer geäußert. Der SPD-Landesvorsitzende und Bürgermeister Michael Müller sowie Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatten dagegen die Räumungen etwa der Hausbesetzung in der Bornsdorfer Straße 37b verteidigt.

Unter denen, die der SPD nahestehen, denken nur 49 Prozent, dass Hausbesetzungen legitim sind. Bei den Wählern von CDU (26 Prozent), FDP (19 Prozent) und denen der AfD (19 Prozent) ist die Zustimmung zur Aneignung von Wohnraum mittels Besetzung nur sehr gering ausgeprägt.

Und die Haltung der Befragten zu Hausbesetzungen ist offenbar auch eine Generationenfrage: »Die zeitweise Hausbesetzung wird laut Forsa von jüngeren Bürgern eher unterstützt als von älteren«, schreibt die »Berliner Zeitung«. Weiterhin sprachen sich 43 Prozent der Bürger dafür aus, dass die Polizei zunächst die illegalen Hausbesetzungen dulden und dann mit den Besetzern verhandeln sollte. Vor allem die Anhänger der LINKEN (64 Prozent) und die der Grünen (63 Prozent) fordern ein Ende der Berliner Linie zur Räumung von Besetzungen innerhalb von 24 Stunden.

Eine bundesweite Umfrage von Civey für den Tagesspiegel hatte Ende Mai mehrheitlich keine Zustimmung zu Hausbesetzungen ermittelt. Demnach sagen 38 Prozent der Befragten, leerstehende Gebäude zu besetzten sei ein vertretbares Mittel der Kritik, um auf Wohnungsnot aufmerksam zu machen. 55 Prozent sahen dies nicht so. Auch bei der bundesweiten Umfrage hatten Anhänger der LINKEN mit großer Mehrheit (80 Prozent) und die der Grünen (66 Prozent) Hausbesetzungen ihre Unterstützung ausgesprochen. Die Anhänger von CDU, FDP und AfD zeigten sich klar ablehnend. Interessant: Bundesweit befürwortet hält demnach eine klare Mehrheit (61 Prozent) der SPD-Anhänger Hausbesetzungen für ein vertretbares Mittel der Kritik.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.