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Keine Beweise im Fall Skripal
Bundesregierung kann nicht belegen, dass Russland hinter dem Anschlag steckt
Der Bundesregierung liegen bisher keine Beweise vor, wonach Russland hinter dem Giftanschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Julia am 4. März im englischen Salisbury steckt. Wie das rbb-Inforadio aus Fraktionskreisen im Bundestag erfuhr, hat die britische Regierung diesen Vorwurf gegenüber Moskau bisher nicht belegen können. Im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages informierte die Bundesregierung am Mittwoch, dass aus London bisher lediglich die Information kam, dass es sich bei dem verwendeten Gift um Nowitschok handelte, ein chemischer Kampfstoff, der in der Sowjetunion entwickelt worden war. Darüber hinaus gebe es aber keine Beweise, dass das eingesetzte Gift aus Russland stamme. Auch gebe es keine Hinweise, dass der Kreml für den Anschlag in Salisbury verantwortlich sei. Die Bundesregierung erklärte ebenfalls, dass den deutschen Geheimdiensten keine Erkenntnisse vorlägen, die auf Russland als Drahtzieher des Anschlags deuten würden.
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Der Fall Skripal hatte die Spannungen zwischen zahlreichen westlichen Staaten und Russland dramatisch erhöht. Nach der Erklärung der britischen Regierung, Russland sei für den Anschlag auf den ehemaligen Doppelagenten verantwortlich, wiesen 26 europäische Länder, die USA, Kanada und die NATO über 140 russische Diplomaten aus. Russland reagierte daraufhin und wies dieselbe Anzahl von Diplomaten dieser Länder aus.
Besonders brisant an dem Fall ist, dass die britische Regierung bei ihren Untersuchungen gegen die Vereinbarung der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen verstößt. Demnach müsste Großbritannien dem beschuldigten Land Proben des Giftes zur Verfügung stellen, sodass dieses zur Aufklärung beitragen kann. London weigert sich aber, dies zu tun. Der britische Außenminister Boris Johnson hatte außerdem den russischen Präsidenten Wladimir Putin beschuldigt, persönlich für den Anschlag verantwortlich zu sein.
Das Verhalten der britischen Regierung bringt nun auch die Bundesregierung zunehmend in Erklärungsnot. Immerhin mussten vier russische Diplomaten Berlin verlassen. Schon im Mai wurde bekannt, dass nicht nur Russland im Besitz des Giftes ist. Ein russischer Wissenschaftler hatte in den 1990er Jahren dem Bundesnachrichtendienst eine Probe von Nowitschok angeboten. Auch die tschechische Regierung hatte zuvor verkündet, im Besitz des Giftes gewesen zu sein und damit experimentiert zu haben.
Mittlerweile ist nach der 33-jährigen Julia auch der 66-jährige Sergej Skripal aus dem Krankenhaus in Salisbury entlassen worden. Für die behandelnden Ärzte ein Wunder, sie hatten laut BBC nicht mit dem Überleben der beiden gerechnet.
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