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Polizeirazzia in kurdischem Zentrum

Räumlichkeiten in Reinickendorf wurden am Morgen durchsucht – Verein kritisiert Angriff auf Meinungsfreiheit

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Polizisten kamen am frühen Morgen. »Gegen 6 Uhr wurde unsere Glastür zertrümmert«, sagt Ali Cicek, der Vorstandsmitglied von Civaka Azad ist. So heißt das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit in der Residenzstraße in Reinickendorf, das in ganz Deutschland Medienarbeit zu kurdischen Themen wie beispielsweise der türkische Überfall auf die nordsyrische Exklave Afrin oder zu deutschen Rüstungsexporten in die Türkei macht.

»Unser Verein versteht sich als Informations- und Öffentlichkeitsarbeitszentrum, das versucht, die Stimme der kurdischen Bevölkerung an die deutsche Öffentlichkeit zu tragen«, sagt Cicek. »Der Grund für die Durchsuchung soll ein Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz sein.« Der Verein wertet die Durchsuchung »als direkten Angriff auf die Meinungs- und Informationsfreiheit«.

Auch die Räumlichkeiten des kurdischen Dachverbandes NAV-DEM Berlin, die ebenfalls in der Residenzstraße liegen, wurden laut Angaben Ciceks durchsucht. Dabei sollen ebenfalls Türen zertrümmert und Räume durchwühlt worden sein. Zudem sollen auch mehrere Privatwohnungen in Berlin Ziel der Polizeiaktion gewesen sein. Die Rede war am Mittwoch von fünf Wohnungen. Im Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit beschlagnahmte die Polizei unter anderem zwei Computer.

Am Nachmittag bestätigten Polizei und Staatsanwaltschaft die Durchsuchungen. In einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Berlin wegen des Verdachts von Straftaten nach dem Vereinsgesetz haben Ermittler des Staatsschutzes heute früh zwischen 6 und 10.30 Uhr die Räumlichkeiten eines kurdischen Kulturvereins sowie die Privatanschriften der Beschuldigten in Steglitz, Reinickendorf und Schöneberg durchsucht, hieß es. Außerdem seien die Beschuldigten im Alter von 62, 54, 44 und 45 Jahren verdächtig, im Dezember 2017 als Verantwortliche des Kulturvereins eine Versammlung anlässlich des Jahrestages der Gründung der in Deutschland verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK geplant zu haben. Die Ermittlungen würden andauern, erklärten Polizei und die Staatsanwaltschaft Berlin in einer gemeinsamen Erklärung.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, wertete unterdessen die »heutigen Razzien bei kurdischen Vereinen in Berlin« als »Wahlkampfhilfe für das Erdogan-Regime in der Türkei«. »Seit Tagen sind Mitglieder von NAV-DEM unentwegt auf der Straße, um Wahlkampf für die Demokratische Partei der Völker HDP in der Türkei zu machen und die Wahlurnen im türkischen Generalkonsulat vor Manipulationen zu bewachen«, sagte Jelpke.

Denn nur mit dem Wiedereinzug dieser pluralen linken und demokratischen Partei in das türkische Parlament am 24. Juni sei eine oppositionelle Mehrheit gegen Erdogans AKP möglich, so die Innenexpertin der Linksfraktion. »Wegen dieser Bedrohung seiner autokratischen Herrschaft hat Erdogan die HDP, deren Präsidentschaftskandidat Selahattin Demirtas seit November 2015 in Untersuchungshaft festgehalten wird, zu Terroristen erklärt.« Jelpke unterstellte der Polizei und der Staatsanwaltschaft in Berlin, »dieser Sichtweise« scheinbar zu folgen. »Die fortgesetzte direkte und indirekte Unterstützung des Erdogan-Regimes muss ein Ende haben!«, forderte die Bundestagsabgeordnete.

Auch das Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit mutmaßte, dass die Durchsuchung mit der Kritik an den Kriegsverbrechen in Afrin zusammenhängen könnte, die auch mit deutschen Waffen begangen werde. Zudem würde sich die Razzia in die Angriffe des türkischen Staates gegen kurdische und prokurdische Medien in der Türkei einreihen, hieß es in einer Erklärung.

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