Kämpferisch
Personalie
Die österreichische Rechtsregierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz will die Epoche der Sozialpartnerschaft beenden, welche die Alpenrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer Art großkoalitionär geprägter Wohlfühloase gemacht hatte. In der Wirtschaftskammer hat gerade Präsident Christoph Leitl, ein sozialpartnerschaftliches Urgestein, an den jungen Kurz-Vertrauten Harald Mahrer übergeben, der sich über eine »sehr günstige Ausgangssituation« freut, weil die ÖVP-FPÖ-Regierung deutlich wirtschaftsfreundlicher sei.
Nun bekommen Regierung und Unternehmer ein Gegenüber, das ebenfalls vom Kuschel- auf Konfrontationsmodus zu schalten bereit ist. Beim 19. Bundeskongress des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) in Wien kürten am Donnerstag 91,6 Prozent der Delegierten Wolfgang Katzian zum neuen Präsidenten. Der am linken Flügel der SPÖ angesiedelte 61-Jährige lehrte als Chef der Privatangestelltengewerkschaft GPA in den vergangenen Jahren so manchen Handelskonzern, der es mit den Rechten von Arbeitnehmern nicht so genau nahm, das Fürchten.
Die Wiener Bundesregierung zeigt kein Interesse an den Gewerkschaften. Den Dialog hat der neue Kanzler in dem halben Jahr seit Amtsantritt nicht gesucht. Und noch nie waren so wenige Regierungsmitglieder bei einem ÖGB-Kongress. Nur FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein wagte sich in die Höhle des Löwen und wurde ausgebuht und ausgelacht.
Katzian kündigte am Donnerstag an, er werde sich nun bei der Bundesregierung vorstellen. Das Wort Streik geht einem Gewerkschafter in Österreich nicht so schnell über die Lippen, aber die verklausulierte Botschaft ist klar: »Wir kämpfen dann, wenn es notwendig ist und wenn es nicht erwartet wird und dort, wo es besonders effektiv ist!« Und wer die Botschaft nicht verstanden hat, dem sagte es Katzian nach seiner Wahl noch einmal etwas deutlicher mit einem alten Gewerkschafterspruch: »Wir reichen ihnen die Hand, aber wenn sie sie nicht annehmen, kann sie schnell zur Faust werden.«
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