Die Ausreden der linken Männer

Wie linke Männer versuchen kritisch mit Fußball umzugehen - und damit scheitern

  • Paula Irmschler
  • Lesedauer: 3 Min.

Alle zwei Jahre immer die gleichen Gespräche, hab ich da schon wieder einen Bock drauf. Ob man denn nun wieder mitmacht in diesem Jahr oder nicht und warum oder warum nicht, beziehungsweise warum sonst schon, aber in diesem Jahr nicht, oder warum sonst nicht, aber diesmal (ich verliere den Faden)? Es kommt so selbstverständlich und regelmäßig wie Abwägungen über das Besuchen von Weihnachtsmärkten, ob man groß Geburtstag feiern sollte oder ob Ehe aus pragmatischen Gründen nicht doch in Betracht zu ziehen sei. Selbstverständlich handelt es sich beim Fußball noch immer und vor allem um ein Ding von Jungs für Jungs mit Jungs und somit ist es dann auch die ganze Zeit Thema unter ebenjenen, ob in der Begeisterung oder der (vermeintlichen) Ablehnung.

Linke Jungs sind dabei ein spezieller Fall, weil sie ja eigentlich anders sein wollen als der fahnenschwenkende Patriotendödel, aber mehrere Jahrzehnte Sozialisation kann und will man eben nicht einfach abschütteln. Also wird fachmännisch über den Untergang von Kultur und Traditionsfußball schwadroniert und dass es früher noch um richtigen Sport ging, aber heute ist nur noch Kapitalismus und Korruption. Ich sage: Das ganze Gezeter um professionellen Fußball ist seit jeher beschissen, weil es nie allein um Sport ging, sondern stets um Identität, Männlichkeit und Ausverkauf, wie überall.

Linke Jungs üben sich bei jeder sich nähernden WM oder EM im nahezu professionellen Hin-und -herwinden, um nicht eingestehen zu müssen, dass sie einfach Bock haben, sich jeden Tag Geballer reinzuziehen und sich mit anderen Männern einen reinzustellen. Schließlich ist man vor ein paar Jahren noch durch die Straßen gezogen und hat Fahnen abgerissen, was einem, ebenfalls identitäre, Ersatzbefriedigung beschafft hat.

Das geht aber in den Zwanzigern und Dreißigern nicht mehr, weil es Konsequenzen hat, also kehrt man wieder zurück in den Schoß der Fußballheinis, weil sich gar nicht verhalten auch nicht geht. Dabei tut man so, als sehe man alles entspannter, ist wenigstens gegen Deutschland und für die Underdogs, geht in den Biergarten, denn es ist zufällig Sommer und wie soll man sich dagegen wehren, schalalala. Auch die reflektiertesten Typen flippen aus, wenn es um Fußball geht. Wie oft habe ich es erlebt, dass linke Typen, die sich sonst gegen Männergehabe aussprechen, Tiergeräusche machend vorm Fernseher sitzen. Ausreden gibt es nun mal genug: Männerfußball ist einfach ästhetisch wegen der Professionalisierung und weitere tausend Wörter, um nicht zu sagen, dass man Gegebenes einfach nicht hinterfragen will. Es stimmt ja: Fußball ist ein schöner Sport. Solange Männer sich jedoch nicht besoffen in den Armen liegen, wenn Frauen Sport machen, nehme ich ihnen einfach nicht ab, dass es ihnen um diesen ginge.

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