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Ganz sympathisch hoch zu Roß

In Bayern soll die Polizei 200 zusätzliche Pferde bekommen, verteilt auf alle Großstädte

  • Johannes Hartl
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer reitet da durch Parks und Grünanlagen? Es ist der Polizist mit seinem Dienstpferd: In mehreren bayerischen Großstädten könnte das bald zum Alltagsbild gehören. Nach den Plänen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wird die Landespolizei ihre Reiterstaffel massiv ausweiten, sodass diese neben München in sechs weiteren Großstädten präsent ist. Insgesamt sollen unter dem Label »Bayerische Kavallerie« 200 Pferde angeschafft werden - verteilt auf die Städte Nürnberg, Fürth, Regensburg, Ingolstadt, Augsburg und Würzburg.

Angekündigt hatte Söder das bereits in seiner Regierungserklärung vom Frühjahr. »Das ist keine Nostalgie«, sagte er damals, »denn 200 Polizeipferde sorgen für eine ganz andere Sichtbarkeit und Respekt der Polizei im öffentlichen Raum.« Zum Einsatz kommen sollen die Tiere hauptsächlich bei Demonstrationen und Fußballspielen, aber auch bei normalen Streifgängen in Parks und Grünanlagen.

Inzwischen hat das Projekt offenbar konkretere Formen angekommen: Bei der Polizei habe sich unlängst eine große Arbeitsgruppe konstituiert, der Vertreter aller Präsidien angehören, teilte Bayerns Innenministerium dem »nd« mit. Ihre Aufgabe besteht darin, die allgemeine Situation zu evaluieren und die Umsetzung des Vorhabens zu begleiten.

Bislang beschränkt sich der Einsatz von Polizeipferden auf München und Rosenheim, wo zusammen 40 Tiere im Einsatz sind. Der Großteil von ihnen - 35 Pferde - entfällt auf die Landeshauptstadt. Sie werden dort regelmäßig im Rahmen von Fußballspielen und Demonstrationen eingesetzt, außerdem reiten die Beamten in verschiedenen Parkanlagen Streife. »Wir haben in München mit den Pferden sehr gute Erfahrungen gemacht«, sagt Michael Siefener, Pressesprecher des Landesinnenministeriums. Allein durch ihren »bildlichen Eindruck« würden die Tiere dem polizeilichen Gegenüber Respekt einflößen und einen deeskalierenden Effekt entfalten. Gleichzeitig tragen berittene Beamte zu einem sympathischen Erscheinungsbild der Polizei bei, insbesondere bei normalen Streifen.

Tatsächlich ist solcherart Wirkung von Polizeipferden unstrittig. Doch Söders Vorhaben wirft die grundsätzliche Frage auf, ob in dieser Angelegenheit die Verhältnismäßigkeit noch gewahrt ist. Denn so erfolgreich der Einsatz von Pferden sein mag - er ist auch außerordentlich kostspielig. Neben den Personalkosten ist vor allem die Unterbringung und der Unterhalt der Tiere ein erheblicher Kostenfaktor. Für die im Staatseigentum befindliche Reiterstaffel in München wird pro Jahr beispielsweise ein Betrag von 350 000 Euro fällig - ohne dass die Personalkosten eingerechnet sind. Die genaue Summe für Söders Projekt ist im Moment zwar noch nicht absehbar, er selbst schätzte die Kosten gegenüber der »Abendzeitung« jedoch auf mindestens 17 Millionen Euro.

Bei der Opposition hält man das für pure Verschwendung. Es brauche »mehr Zweibeiner im Dienst«, sagt SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher, nicht mehr Vierbeiner. »Mehr Sicherheit in Bayern gewinnen wir nicht elegant hoch zu Ross, sondern mit genügend Polizeipersonal, das ordentlich ausgestattet und gut bezahlt ist.« Der Fraktionschef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, nennt das Projekt sogar »lächerlich«. Zudem stellt sich für etliche Kritiker die Frage, ob die Sichtbarkeit der Polizei im öffentlichen Raum nicht auf kostengünstigeren Wegen ebenfalls erreicht werden könnte. Im Gespräch sind etwa verstärkte Fahrrad- oder Fußstreifen.

»Das eine schließt das andere nicht aus«, entgegnet wiederum das Innenministerium. Man habe in den letzten Jahren das Personal der Polizei erheblich aufgestockt, neue Engpässe durch die zusätzlichen Reiterstaffeln seien deshalb nicht zu erwarten. »Die Kapazitäten sind vorhanden«, versichert Siefener. »Das lässt sich schon stemmen.« Er selbst sei davon überzeugt, »dass das gut investiertes Geld ist«. Mit zusätzlichen Pferden, sagt er, ließe sich in jedem Fall das Sicherheitsgefühl der Bürger stärken.

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