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Hängepartie im Asylstreit geht weiter

Im Unionsstreit um die Asylpolitik ist keine Einigung in Sicht

Andrea Nahles ist derzeit sichtlich genervt. Der Streit zwischen den Unionsparteien zieht sich hin; die Koalition hängt in den Seilen. »Unbefriedigend« sei das, sagte die SPD-Chefin, nachdem am Dienstag bis in die Nacht hinein der Koalitionsausschuss getagt hatte und zu keinem Ergebnis gekommen war. Die Hängepartie geht damit weiter. »Wir wissen nicht, wie die Woche zu Ende geht«, erklärte Nahles und appellierte an ihre Koalitionspartnerinnen, nun endlich zur Sacharbeit zurückzufinden.

Wie der Streit der Unionsparteien ausgeht, ist völlig offen. Die demonstrativen Treueschwüre aus den Reihen von CDU und CSU vor dem Treffen wurden am Morgen danach nur noch halbherzig wiederholt. Und auch Nahles antwortete auf die Frage, ob es möglicherweise Neuwahlen geben würde, äußerst schmallippig: »Das warten wir jetzt mal ab.« Klar ist derzeit, dass keine Einigung absehbar ist.

Ausgebrochen ist der Konflikt am 12. Juni, als Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) einen 63 Punkte umfassenden »Masterplan Migration« vorstellen wollte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) intervenierte und erhob Einspruch gegen das Vorhaben, keine Flüchtlinge mehr ins Land zu lassen, die bereits in einem anderen EU-Staat registriert worden sind. Dies würde nämlich bedeuten, dass Deutschland seine Grenzen wieder schließen und die Freizügigkeit im Schengenraum aufgeben würde. Merkel setzt indes auf eine europäische Lösung und bat Seehofer, dafür bis zum EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag Zeit zu bekommen. Für eine europäische Einigung spricht derzeit allerdings nicht viel: Weder ist eine neue Regelung der Verteilung von Flüchtlingen unter den Mitgliedstaaten in Sicht, noch stößt das Dublin-System - worauf sich Seehofer mit seinem Vorschlag einer Abweisung an der Grenze beruft - auf Akzeptanz bei den EU-Partnern. Merkel versucht derweil, bilaterale Abkommen mit anderen EU-Staaten über eine Rückführung von Flüchtlingen abzuschließen, doch bislang zeigte sich nur Frankreich dazu bereit.

An der Flüchtlingspolitik zeigt sich, wie uneins die Europäische Union ist. Die Idee eines geeinten Europas ist längst bedroht - von Mietgliedstaaten, die immer häufiger in nationalstaatliche Denkmuster verfallen. Der deutsche Innenminister Seehofer hat mit seinem Vorstoß die Debatte über die nationale Souveränität noch einmal befeuert.

Konkretes von dem Spitzentreffen der Koalition im Kanzleramt ist nicht bekannt geworden. Die Reaktionen im Anschluss daran deuten daraufhin, dass es zu keiner Annäherung kam. Insbesondere die CSU beharrte auf ihrer Position. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte am Mittwoch, seine Partei warte noch den EU-Gipfel ab, danach sollten aber die »Zurückweisungen an der Grenze stattfinden«. Es ist exakt die Aussage, die seine Partei seit zwei Wochen proklamiert.

Unionsfraktionschef Volker Kauder schätzte die Lage »sehr ernst« ein. Solange aber miteinander geredet werde, »ist immer noch Grund, darauf zu hoffen, dass wir zu einem Ergebnis kommen«.

Das klingt nicht sehr zuversichtlich und lässt den Schluss zu, dass das Spitzentreffen im Kanzleramt den Riss in der Union nicht kitten konnte. Ein Scheitern der Großen Koalition ist weiterhin keineswegs ausgeschlossen, auch wenn wohl niemand die Auswirkungen eines solchen Szenarios überblicken kann. Die Grünen und die FDP denken mittlerweile laut über eine Neuwahl des Bundestags nach, und auch die SPD hat sich als Regierungspartei schon damit befasst.

Sollte es wirklich dazu kommen, wäre es ein Eingeständnis der Unionsparteien, dass sie sich auseinanderentwickelt haben. Während die CSU bisweilen häufiger die Grenze des Rechtspopulismus überschritten hat, findet die Kanzlerin mit ihrer pragmatischen Politik bis hinein ins linksliberale Spektrum Zuspruch, verliert dagegen in ihrer eigenen Partei zunehmend an Unterstützung.

Nicht ausgeschlossen ist aber nach wie vor, dass die Große Koalition sich doch noch zusammenrauft und ihre Zweckgemeinschaft fortsetzt, wenn auch arg beschädigt. Denn natürlich wird der Asylstreit in dem Bündnis Spuren hinterlassen. Argwohn wird bleiben.

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