Operation an Frankfurts Schlagader
In der Bankenstadt wird der Citytunnel lange gesperrt
Wenn am 6. August die Schulferien in Hessen zu Ende gehen und der Massenandrang auf die chronisch überlasteten Bahnen und Busse im Rhein-Main-Gebiet einsetzt, soll ein Ausnahmezustand mitten in der Bankenmetropole Frankfurt am Main beendet sein. Ab 4 Uhr früh soll dann der sechs Kilometer lange S-Bahn-Tunnel, der vom Hauptbahnhof einen Bogen durch die City bis in den Osten und Süden der Stadt schlägt, wieder durchgehend für S-Bahn-Züge befahrbar sein, die üblicherweise den Ballungsraum in engem Takt durchqueren.
Derzeit jedoch sind auf einem Streckenabschnitt, wo sonst bis zu 24 Züge stündlich pro Richtung rollen und Tag für Tag etwa 500 000 Fahrgäste bewegt werden, Bautrupps rund um die Uhr im Einsatz. Zweck der Arbeiten ist nach Angaben der für Infrastruktur und S-Bahn-Verkehr zuständigen Deutschen Bahn (DB) die dringende Modernisierung der Signaltechnik. Das aus den 1970er Jahren stammende Relaisstellwerk für den Tunnelbetrieb soll einem modernen elektronischen Stellwerk Platz machen. Und weil der Einbau von 20 neuen Signalen, die Anpassung von 48 bestehenden Signalen und die Verlegung von 70 Kilometern Signalkabel im Untergrund mit dem Fahrbetrieb unvereinbar sind, ist die Totalsperrung unumgänglich.
Der Tunnel war seit 2015 bereits mehrfach für die Dauer von Schulferien gesperrt worden. Ab 6. August sollen nun höhere Geschwindigkeiten der Züge möglich sein, was Puffer für etwaige Verspätungen schaffen würde. Der Tunnel sei dann »fit für die kommenden Jahrzehnte«, versprechen die DB und der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV).
Weil die Sperrung und dadurch ausgelöste Zugausfälle für Bahnreisende Unannehmlichkeiten mit sich bringen, haben sich DB und RMV ein Bündel von Maßnahmen ausgedacht, um die Folgen abzumildern. So können im Frankfurter Stadtgebiet Reisende mit DB-Fahrscheinen auch das dichte örtliche Netz von Straßenbahnen, U-Bahnen und Bussen nutzen, deren Kapazitäten erhöht wurden. Fahrkarten des Nahverkehrs wiederum sind zwischen Hanau und Frankfurt am Main auch für DB-Fernverkehrszüge der Gattung ICE und IC zugelassen. Eine solche Überwindung der künstlichen Trennung von Fern- und Nahverkehrszügen gehört in der Schweiz längst zum Alltag und wurde jüngst auch in Baden-Württemberg für die DB-Fernverkehrszüge zwischen Stuttgart und Singen eingeführt. In Frankfurt wird sie allerdings nur zeitweilig gelten.
Zusätzliches Servicepersonal, Aushänge, Monitore, Broschüren und die eigens geschaltete Website www.sbahnbaustelle.de informieren über Notfahrpläne, Umsteigemöglichkeiten und das Angebot an Leihfahrrädern. »Nicht alles lief seit 2015 in Sachen Fahrplanstabilität beim Ersatzfahrplan einwandfrei«, bemängelt der Fahrgastverband Pro Bahn in einer Erklärung. Sehr oft seien Fahrgäste enttäuscht worden. »Das Wort ›Signalstörung‹ gehört zum Alltag im Deutschen Bahnnetz und ist vielfach eben auf diese elek- tronischen Stellwerke zurück zu führen«, so Pro Bahn. »Nun wollen wir die Daumen drücken, dass die Technik auch funktioniert.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.