Wohnungsbau hat bald ein Platzproblem
Hamburgs städtische SAGA legt Bilanz 2017 vor
»Bauen, bauen, bauen« - diese Devise ist in Hamburg zu einem geflügelten Wort avanciert, das sich das städtische Wohnungsunternehmen SAGA auf seine Fahnen geschrieben hat. »Wir haben hohe Beträge in Neubau und Modernisierung investiert und 2017 mehr als 1900 Baubeginne angeschoben. Mit dieser Zahl sind wir Spitze in Europa«, sagte SAGA-Vorstand Thomas Krebs am Montag bei der Präsentation des Geschäftsberichts 2017.
Die Zahlen können sich tatsächlich sehen lassen. Die städtische SAGA Unternehmensgruppe vermietet in der Hansestadt mehr als 132 000 Wohnungen, rund 1500 Gewerbeobjekte und ist damit der größte Einzelvermieter in Hamburg. 2017 erzielte der Konzern einen Jahresüberschuss von 202,8 Millionen Euro (2016: 150,0 Millionen) bei einer Bilanzsumme von 4219,2 Millionen Euro (2016: 4054,2 Millionen). In die Pflege und Entwicklung seiner Bestände sowie die Schaffung neuen Wohnraums investierte die SAGA 387,4 Millionen Euro. Ein finanzieller Kraftakt, wie Krebs konstatierte: »Die Neuverschuldung wird dramatisch steigen.« Und zwar infolge des großen Engagements beim Neubau: Im Jahr 2017 wurden 2,18 Milliarden Euro dafür eingesetzt, »perspektivisch« sollen es 3,16 Milliarden Euro im Jahr 2022 sein.
Zwar hat die SAGA die Neubauzahlen auf hohem Niveau verstetigt, doch mehr als 1000 Baufertigstellungen konnte das Unternehmen binnen eines Jahres nicht vermelden. Und aus der Wohnungsstatistik ist selbst diese Zahl nicht abzulesen - die Gesamtzahl der SAGA-Mietwohnungen nahm nur um 81 auf nun 132 592 zu. »Die Effekte unseres Engagements beim Neubau sind erst in drei bis fünf Jahren zu sehen. Und durch Zusammenlegungen sowie den Verkauf von Wohnungen hat sich der Altbestand etwas verringert«, erklärte Krebs den geringen Gesamtzuwachs.
Das umstrittene Verkaufsprojekt »Endlich meins« hat die SAGA mittlerweile gestoppt, berichtete Krebs: »Wir sind Bestandshalter und verkaufen nur noch jährlich 100 bis 150 Wohnungen.« In rund 20 Jahren werde dies abgeschlossen sein, schätzt Krebs.
Vorstandskollege Wilfried Wendel deutete in seinem Beitrag an, dass Wohnungsinteressenten der SAGA die Bude einrennen würden: »Wir haben bei einem Leerstand von 0,1 Prozent quasi Vollvermietung.« Im Vergleich zum freien Wohnungsmarkt sind die Mieten bei dem städtischen Anbieter ausgesprochen günstig. Sie liegen trotz des angespannten Wohnungsmarkts mit 6,44 Euro pro Quadratmeter rund 20 Prozent unterhalb des Hamburger Mietenspiegels. Geförderte Wohnungen aus dem SAGA-Portfolio kosten durchschnittlich sogar nur 5,87 Euro pro Quadratmeter. »Wir werden weiter die Balance zwischen Bestandspflege und Neubau im Sinne aller Mieterinnen und Mieter und der Stadt wahren«, versprach Wendel.
Ein Problem sei aber, dass das Potenzial für die Nachverdichtung innerhalb des eigenen Bestands in fünf bis sechs Jahren ausgeschöpft sei, gab Thomas Krebs zu bedenken: »Die nächsten Projekte werden konfliktträchtiger, komplizierter und teurer.« Wenn Hamburg weiter wachse, stelle sich die Frage: Wo sind die neuen Flächen? »Wir sind keine Politiker. Wir wollen nur bauen«, schob Krebs den Schwarzen Peter an den Senat weiter und warnte: »Es müssen Konzepte an den Markt gebracht werden, damit sich Verkäuferinnen, Busfahrer und Polizisten das Wohnen in Hamburg weiter leisten können.«
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