Der Asylstreit nützt nur den Rechten

Die CSU hat den Rechtsruck in Deutschland weiter vorangetrieben

  • Ulrike Kumpe
  • Lesedauer: 3 Min.

Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der RTL-Mediengruppe, die unmittelbar nach dem Asylkompromiss in der Union durchgeführt wurde, käme die CSU bei der Landtagswahl in Bayern aktuell auf 38 Prozent der Stimmen. 2013 waren es noch 47. Dies ist ein Indiz dafür, dass die CSU aus dem Asylstreit keinen politischen Gewinn ziehen konnte. Allerdings würden sich 14 Prozent der Wähler in Bayern für die AfD entscheiden. Bei der Europawahl 2014 waren es noch 8 Prozent. Die rechte Partei könnte damit bei ihrer ersten Landtagswahl im Freistaat direkt drittstärkste Kraft hinter den Grünen werden. In nur drei Monaten findet die nächste Wahl statt.

Obwohl es auch Bestandteil der Medienstrategie der AfD ist, sich bei anderen Politikern für ihre Politik zu bedanken, hätte Alexander Gauland, Chef der rechten Partei, gleich mehrere Gründe dies jenseits medialer Aufmerksamkeit zu tun. Er bezeichnete den Kompromiss der Union in der Bundestagsgeneraldebatte am Mittwoch letzter Woche als »kleinen Schritt in die richtige Richtung«. Und er werde der Union »weiter kräftig unter die Arme greifen, damit weitere Schritte folgen«. Dabei ist es nicht nötig, der CSU unter die Arme zu greifen, da sie von sich aus der AfD Wähler in die Arme treibt.

Mit dem Asylstreit hat Innenminister Horst Seehofer etwas geschafft, was den Rechten allein nicht hätte gelingen können: Einen zutiefst rassistischen und rechten Diskurs bundespolitisch auf die Tagesordnung zu setzen, ohne einen unmittelbaren Aufschrei der Zivilgesellschaft zu provozieren, wie es der Fall gewesen wäre, wenn die AfD Forderungen, wie in Seehofers »Masterplan Migration« erhoben hätte. Ein anderer Grund für den ausbleibenden Aufschrei war auch, dass er seinen »Masterplan« in dem er Transitzentren und Grenzkontrollen befürwortet, explizit gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel gestellt hat. Sie galt trotz Türkei-Deal und der Befürwortung der Abschiebung an den europäischen Außengrenzen bislang in weiten Teilen der deutschen Gesellschaft als Verfechterin eines proeuropäischen, humanistischen Kurses in der Migrationspolitik. Damit stützte die CSU neben der AfD in Deutschland auch die nationalistischen Hardliner, wie den italienischen Innenminister Mateo Salvini oder den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán in der europäischen Politik.

Darüber hinaus verschaffte die CSU auch sprachlich Rechtsaußen mehr Legitimität. Mit Begriffen, wie »Anti-Abschiebe-Industrie« oder »Abschiebe Saboteuren«, die Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, gegenüber »Bild« im Interview im Mai verwendete, suggeriert er, dass das Anrufen des Rechtsstaates durch Geflüchtete illegitim ist. Dazu gehört auch der vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder verwendete Begriff des »Asyltourismus«. Auch wenn er auf das Stellen von Asylanträgen in mehreren europäischen Ländern gleichzeitig abhebt, suggeriert der Begriff, dass ein Ferienausflug auf dem Tretboot in etwa das gleiche ist, wie die lebensgefährliche Überquerung des Mittelmeeres. Damit werden Fluchtgründe durch die CSU delegitimiert. Beide, Dobrinth und Söder bieten damit dem Rechtsruck innerhalb der Gesellschaft weiter Vorschub.

Weder Seehofer noch Angela Merkel haben im Asylstreit etwas gewonnen. Gewonnen haben die gesellschaftlichen Kräfte, die sich gegen Humanität und gegen ein solidarisches Europa stellen und für eine rückwärtsgewandte, nationalistische Politik eintreten.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.