Tschechische Regierung lehnt Flüchtlingsaufnahme ab

Nach Umherirren auf dem Mittelmeer hat Italien das Anlanden von 450 Flüchtlingen in Sizilien gestattet

  • Jindra Kolar, Prag
  • Lesedauer: 2 Min.

Nach tagelangem Ausharren auf dem Mittelmeer hat Italiens Regierung sich entschlossen, den Schiffen mit 450 Flüchtlingen das Anlanden auf Sizilien zu genehmigen. Vorausgegangen waren Verhandlungen des Ministerpräsidenten Giuseppe Conte mit Regierungen in Europa. Fünf Staaten - Deutschland, Frankreich, Malta, Portugal und Spanien - hatten schließlich zugesagt, je 50 Menschen einreisen zu lassen. Die ebenfalls angesprochene Regierung in Prag lehnte die Hilfe ab. »Wir haben stets im Europarat betont, dass eine Aufnahme von Geflüchteten ein freiwilliger Akt der Staaten bleiben muss«, so der tschechische Premier Andrej Babiš. Würden jetzt die Türen geöffnet, wäre dies ein falsches Signal an Schlepper, die illegale Einwanderung nach Europa zu verstärken. Die Union solle lieber in den Staaten vor Ort helfen und die Grenzen zu Europa sicherer machen, hieß es aus Prag.

Auch die ungarische Regierung unter Viktor Orbán lehnte jegliche Hilfe bei der Aufnahme der gestrandeten Flüchtlinge ab. Man sei sich in der Visegrad-Gruppe - zu der außer Tschechien und Ungarn noch Polen und die Slowakei gehören - einig, die Brüsseler Flüchtlingspolitik nicht zu unterstützen. Sie sei ein Diktat der EU zum Nachteil der kleineren und schwächeren Mitglieder, hieß es wiederholt aus Budapest.

Auf Beifall dürfte die Haltung beider Staaten im Nachbarland Österreich stoßen, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Im Sinne des Wiener Mottos von einem »Europa, das schützt«, will die Alpenrepublik dazu auffordern, die EU-Außengrenzen abzuschotten.

Der tschechische Außenminister und CSSD-Sekretär Jan Hamáček erklärte, Tschechien wolle im Rahmen der EU-Maßnahmen gegen das Schlepperwesen Unterstützung leisten. So sollen Experten und Polizeieinheiten libysche Sicherheitskräfte vor Ort unterstützen, die Fluchtrouten abzuriegeln. Ein nicht ganz risikoloses Unterfangen, da die politische Lage in dem nordafrikanischen Land nicht stabil ist und von einer einheitlichen Regierungspolitik nicht die Rede sein kann.

Auch der Vorsitzende der Kommunistischen Partei, Vojtĕch Filip, sprach sich gegen die Möglichkeit der Einreise der gestrandeten Geflüchteten aus. Die Kommunisten unterstützen die Minderheitsregierung von Babiš ANO-Partei und den Sozialdemoraten. Filip erklärte, dass Tschechien bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht hatte, dass die aufgenommenen Flüchtlinge sich nur in einer Übergangsphase befinden. Vielmehr müssten die Weltmächte und Europa dazu beitragen, in den Ländern des Globalen Süden eine Lage zu schaffen, in der »keine Menschen mehr vor Hunger, Aggression und Krieg fliehen« müssen. Würde die wirtschaftliche und politische Not dort gelindert, so Filip, könnten die Geflüchteten in ihre Länder heimkehren.

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