- Kommentare
- Fall Sami A.
Rechtlich flexibel
Sebastian Bähr über unterschiedliche Maßstäbe beim Fall Sami A.
Sami A. ist vermutlich kein angenehmer Zeitgenosse. Als mutmaßlicher Ex-Leibwächter von Osama Bin Laden scheint der Tunesier dem Islamismus stärker zugeneigt als Demokratie oder Hedonismus. Wenn man diesen Rechtsstaat aber ernst nimmt, müsste man auch akzeptieren, dass Sami A. über Rechte verfügt - wie Schutz vor Folter. Auf die ernste Gefahr der Misshandlung in seinem Heimatland verwies jüngst ein Verwaltungsgericht und untersagte deshalb seine Abschiebung. Als kurz nach der Entscheidung das nordrhein-westfälische Ministerium für Flüchtlinge unter dem Wissen von Bundesinnenminister Horst Seehofer den Mann trotzdem in einen Flieger steckte, wurde Rechtsbruch begangen. Vielleicht sogar, um ein Exempel zu statuieren.
Große Aufregung scheint es in Politik, Medien und Bevölkerung in diesem Fall nicht zu geben. Es handele sich um eine »umstrittene Abschiebung«, so die meisten Journalisten. Kritik an Seehofer - kaum vernehmbar. Hinsichtlich der Maßstäbe sei an dieser Stelle an den hochgejazzten »BAMF-Skandal« erinnert: Aufgrund einer überschaubaren Anzahl irregulärer positiver Asylentscheidungen zugunsten von verfolgten Jesiden herrschte wochenlang hysterische Empörung im Land, während die Zehntausenden Fehlentscheidungen zuungunsten von Schutzsuchenden kaum jemanden interessierten. Ein Muster wird deutlich: Solange der Ausländer das Land verlässt, spielt Recht keine Rolle.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.