- Kommentare
- Horst Seehofer
Sündenbockig
Uwe Kalbe über die auffällige Dünnhäutigkeit Horst Seehofers
Auch wenn Horst Seehofer nun erstmals Zeichen der Schwäche zeigt, muss er einem nicht leid tun. Auch wenn er Nerven offenbart, indem er eine Stiftung der Nachbarschaftshilfe mit Liebesentzug straft und damit dem Ministerium für Heimat, dem er vorsteht, eigentlich eine tiefe Sinnkrise bescheren müsste - der Minister und CSU-Chef hat Mitleid nicht nötig. Selbst wenn er nun hartherzig als beleidigte Leberwurst tituliert wird, ist Anteilnahme überflüssig. Diesen kleinen Schmerz gleicht die Begeisterung der seehoferschen Fangemeinde über seine Standfestigkeit als egozentrischer und rücksichtsloser bayerischer Dickschädel allemal wieder aus.
Es ist beileibe nicht das Unterlaufen von Gürtellinien in der politischen Auseinandersetzung, das Seehofer derzeit zu schaffen macht. Als der CSU-Chef zum Bundesinnenminister wurde, meinte mancher Kritiker besorgt, nun werde der Bock zum Gärtner gemacht. Das hatte auch mit Seehofers Gewohnheit zu tun, neben Gürtellinien auch andere Maßstäbe eines rücksichtsvollen menschlichen Umgangs nicht allzu hoch zu hängen - zumindest, wenn es um Menschen ging, die keinen Einfluss auf den Ausgang von Landtagswahlen haben, um Migranten vor allem. Die heranrückende Wahl in Bayern ist es auch, die die zunehmende Nervosität Seehofers wie seiner CSU erklärt. Seehofer weiß, dass danach wieder ein Bock gebraucht wird - ein Sündenbock.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.