Google startet mobiles Bezahlen
Zahlungsverkehr
Multinationale Konzerne verlagern einen großen Teil ihrer Gewinne in Steueroasen. Eine dänisch-französisch-amerikanische Ökonomengruppe um Ludvig Wier vom Finanzministerium in Kopenhagen hat herausgefunden, dass international operierende Großunternehmen rund 40 Prozent ihrer Gewinne künstlich in Steueroasen verlagern. Die EU ist dabei die große Verliererin. Zu den größten Gewinnern gehört Google.
Der durch Onlinewerbung schwer reich gewordene Internetkonzern soll allein 16 Milliarden Euro auf die Bermudas überwiesen haben. Im Juni startete Google sein neues Bezahlsystem in Deutschland.
Das mobile Bezahlsystem »Google Pay« setzt auf prominente Unterstützer. Partner sind hierzulande die Commerzbank und ihre Tochter Comdirect, dazu die Direktbank N26 sowie die Bezahl-App Boon. Weitere Unternehmen sollen folgen. Die Rede ist u. a. von der Landesbank Baden-Württemberg.
Das Bezahlen mit Google soll an der Ladenkasse ähnlich wie die kontaktlose Eingangskon-trolle ins Bürohochhaus funktionieren: Nutzer müssen das Smartphone nur über das Kartenlesegerät halten. Um Google Pay zu nutzen, muss die App (ein kleines Computerprogramm für das Handy) auf das Smartphone geladen und in dieser die Kreditkarte quasi hinterlegt werden. Diese Kreditkarte muss allerdings von einer der wenigen Banken stammen, mit denen Google zusammenarbeitet.
Auch im Einzelhandel hakt es
Ohnehin sind bundesweit nur etwa die Hälfte aller Kassenterminals technisch überhaupt in der Lage, ein kontaktloses Zahlen zu verarbeiten. Funktionieren tut das Bezahlen außerdem nur bei Händlern, die mit Google zusammenspielen. Bislang ist dies eine überschaubare Zahl. Schließlich müssen die Unternehmen dafür in eine teure In-frastruktur investieren und ihre Kassensysteme fit für Google machen - ohne davon einen wirklichen Nutzen zu haben.
Skeptisch sind Experten auch, ob sich mobile Bezahldienste bei Verbrauchern durchsetzen können. Zum einen genießt Bargeld in Deutschland weiterhin eine sehr hohe Beliebtheit. Zum anderen wird bemängelt, dass mobile Dienste den Kunden »noch zu wenige neue Mehrwerte bieten«, heißt es aus der auf Zahlungsverkehr spezialisierten Bankenberatung Capco.
Auch Datenschutz- und Sicherheitsbedenken sprechen gegen einen Erfolg des mobilen Zahlens. »Daran wird ausgerechnet ein Konzern wie Google nichts ändern können, der seit Jahren dafür kritisiert wird, massenweise Nutzerdaten zu sammeln«, schreibt die »Wirtschaftswoche«.
Einfach geht anders
Googles Angebot ist nur für Nutzer eines Geräts mit einem »Android«-Betriebssystem (ab Version 5.0) geöffnet. Damit sind alle »iPhone«-Nutzer außen vor. Doch selbst wer ein Android-Handy besitzt, kann nicht automatisch mobil per »Google Pay« bezahlen.
Ein Nutzer muss dafür - siehe eingangs - die entsprechende App erst einmal aus dem Google-Pay-Store auf sein Smartphone laden und die Kreditkarte seiner Bank einscannen. Auf diese Weise wird aus einer physischen eine virtuelle Kreditkarte, die dann das kontaktlose Bezahlen möglich macht.
Beträge bis 25 Euro müssen vom Kunden nicht gesondert freigegeben werden. Es genügt, den Piepton abzuwarten, und der Betrag wird abgebucht. Bei Beträgen über 25 Euro muss der Nutzer sein Telefon entsperren.
Eine Gebühr fällt für Nutzer nicht an. Die Banken verdienen wie an jeder normalen Kreditkartentransaktion. Zahlen tut in beiden Fällen der Händler. Auch darum mag der Einzelhandel Kreditkarten nicht wirklich. Bar oder per EC-Karte ist für ihn die günstigere Alternative.
In »Echtzeit« dauert dann doch
Der für den Herbst zu erwartende Auftritt des amerikanischen Computerherstellers Apple mit seinem »Apple Pay« dürfte ebenfalls nicht für den Durchbruch des »Mobile-Payment« sorgen. Das meint jedenfalls das »IT Finanzmagazin«. Doch in den neuen Systemen sieht das Fachblatt »Vorboten einer digitalen Veränderungswelle«, die nicht zu stoppen sein und wie das Internet nicht wieder verschwinden werde.
Seit einem Jahr bietet beispielsweise auch die Deutsche Bank ein mobiles Bezahlverfahren für »Android/Mastercard«-Kunden an. Die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken sowie die öffentlichen Sparkassen rollen gerade ihre »digitale Girocard« aus, mit der Kunden ebenfalls mobil bezahlen sollen können.
Seit Juli im Angebot
Seit Juli bieten die Sparkassen bereits »just in time Bezahlen« an, Geldüberweisungen in Echtzeit. Echtzeit? Zehn Sekunden (!) dauern damit Überweisungen innerhalb der 34 Länder des gemeinsamen europäischen Zahlungsraumes (SEPA). Somit können 50 Millionen Sparkassenkunden zwischen der Standardüberweisung und der (teureren) sekundenschnellen Echtzeitüberweisung wählen. Anfang 2019 wollen auch die Genossenschaftsbanken blitzschnelle Überweisungen anbieten.
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