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Kokettieren und drohen
Roland Etzel zu Erdogans vermeintlichem Blick nach neuen Freunden
Ein US-amerikanischer Pastor in einem türkischen Gefängnis bringt die Militärallianz zwischen beiden Staaten in Gefahr? Mit Sicherheit nicht, auch weil es der türkische Präsident Erdogan laut ausgesprochen hat. Zweifellos aber möchte er etwas gegen seine christliche Geisel eintauschen, am liebsten seinen Lieblingsschuldigen am Dilettantenputsch von 2016, wenn es überhaupt einer war - den im US-Exil lebenden Prediger Gülen. Doch das kann Washington nicht tun, weil es sonst als Befehlsempfänger Ankaras dastünde.
Natürlich kann und will Erdogan nicht mit der NATO brechen, aber wenigstens den Preis hochtreiben für auch künftiges Wohlverhalten an der Südostflanke des Pakts. Wenn Trumps Militärberater ihrem Präsidenten eingetrichtert haben, dass dies für die US-Mitteloststrategie vorteilhafter ist, als aus der Hüfte mit Strafzöllen auf die Türkei zurückzuschießen, wird es bei der verbalen Kraftmeierei bleiben.
Darauf wartet Erdogan offenbar, denn er pokert hoch; hat wohl auch im Machtrausch aus dem Auge verloren, dass Finanzmärkte und Investoren - die türkische Wirtschaft lebt, aber sie lebt auf Pump - sich nicht so handzahm aus seinem Palast dirigieren lassen wie Parlament und Regierung. Noch glaubt ihm die Mehrheit seiner nationalistisch verzückten Bürger, dass das Ausland am momentanen Absturz der Lira schuld ist. Noch.
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