Die gute Wiesenfee

Comte de Caylus schenkt liebliche Träume

  • Irmtraud Gutschke
  • Lesedauer: 3 Min.

Welch freundliche Beschwichtigung steckt im Titel: »Alles gelingt, wenn man nur warten kann«. Also quäl dich nicht, fass dich in Zuversicht und schlummere in Frieden. Dafür ist die neue »Schlaflosreihe« im Verlag Ripperger & Kremers ja gemacht, dass dir ein kleines Büchlein guttut, wenn die innere Ruhe nicht kommen will. Und wenn es ein Märchen ist wie das des französischen Schriftstellers Anne-Claude-Philippe de Caylus, der von 1692 bis 1765 lebte, dem Hochadel entstammend, noch einen viel, viel längeren Namen hatte und einer der herausragendsten Kunstkenner seiner Zeit gewesen ist. War er deshalb ohne Sorgen? Wir können es nicht wissen. Die französische Revolution ereignete sich erst nach seinem Tode. Aber immerhin war es schon möglich, wie in seinem Märchen beschrieben, dass ein Königssohn eine Bürgerliche heiratete und deshalb in Ungnade fiel. So geschehen Pétaud und seiner Frau Gillette, die »eine sanfte Trulle und lammäugige Törin« war. Doch nichtsdestotrotz sagte sie bei mehreren Gelegenheiten diesen Spruch: »Es wird schon alles recht werden, wenn man nur geduldig warten kann.« Und das bewahrheitete sich auch.

Die »Trulle« eine weise Frau? Nur weil sie morgens ein kleines Küchlein aus Gerstenmehl formte, es über der Asche buk, es mit Sahnequark belegte und im Garten am Fuß eines Rosenbuschs ablegte? Ob ich das auch mal probiere, um die Wiesenfee gnädig zu stimmen? Aber da kommen wohl nur Elstern und Füchse, denn leider, leider gibt es die Feen nicht mehr.

Bei Comte de Caylus aber herrscht freundliche Ordnung. Da wütet zwar eine böse Fee, weil Prinz Pétaud ihre Nichte verschmähte, aber die Feenkönigin beobachtet von ihrer Insel Eiapopeia aus alle Ränke und schiebt rechtzeitig einen Riegel vor. Was für eine wohltätige Zentralmacht! Da wird der Autor beim Schreiben geschmunzelt haben, denn Ärger bei Hofe war ihm sicher bekannt. Unsereins aber freut sich über Pétaud und Gilette auf ihrem winzigen Ländchen, die in ihren Herzen doch eher plebejisch sind, und besonders über Gilettes Vater, den Seneschall mit seinem Bauernverstand. Er kümmerte sich um Haus und Hof wie früher und spielte abends mit seinem König eine »Partie Elfer Raus oder Verreckte Sieben«. Und um zehn Uhr »war alle Welt zu Bett«. Sehnte sich womöglich auch der Autor nach solcher Geruhsamkeit?

Da war freilich noch das Problem mit den vielen Kindern, die alle auf einmal zur Welt gekommen waren. Der Jüngste, Cadichon, war wohlgeraten, aber die übrigen ... Doch davon mag jeder selber lesen.

Comte de Caylus: Cadichon oder Alles gelingt, wenn man nur warten kann. Aus dem Französischen von Norbert Miller. Ripperger & Kremers, 88 S., br., 8,90 €.

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