- Sport
- 2. Bundesliga
Union schießt sich an die Spitze
Dier Berliner sind nach dem 4:1 gegen den FC St. Pauli Tabellenführer der 2. Bundesliga
Es war zu erwarten, dass das Spiel zwischen dem 1. FC Union und St. Pauli interessant werden würde. Schließlich traten die Hamburger als Tabellenführer vor 22.012 Zuschauern in der ausverkauften Alten Försterei an. Und dort trafen sie auf einen in dieser Saison noch ungeschlagenen Gegner. Dass es am Ende eines ausgeglichenen Spiels 4:1 für die Berliner stand, ist Beleg einer neuer Qualität der Gastgeber.
Vor dem Anpfiff hatte Unions Trainer Urs Fischer von »einer gefährlichen Situation« für seine Mannschaft gesprochen. Nicht, weil die Gäste aus Hamburg nach Siegen in Magdeburg und gegen Darmstadt stark in die Zweitligasaison gestartet sind. Sondern weil die Fußballer des FC St. Pauli die Niederlage im DFB-Pokal beim Drittligisten Wehen Wiesbaden mit einem Erfolgserlebnis aus den Köpfen bekommen wollen.
Und so kam es auch. Die Hamburger waren in der ersten Halbzeit die bessere Mannschaft. Sie bestimmten die Partie mit einem ruhigen Spielaufbau, ließen Ball und Gegner laufen - und versuchten vor allem über die Außenbahnen in den Berliner Strafraum zu kommen. Das gelang meist über ihre linke Angriffsseite, weil Unions rechter Flügelspieler Akaki Gogia seine Defensivarbeit auch unter dem neuen Trainer Fischer noch nicht entscheidend verbessert hat. Selbst im Spielaufbau in der eigenen Hälfte ging der 26-Jährige wieder in unnötige Zweikämpfe und verlor den Ball.
Doch aus Dominanz und Ballbesitz der Hamburger entstand kaum Gefahr. Nach dem ersten Torschussversuch in der dritten Minute hatte Unions Torwart Rafal Gikiewicz relativ ruhige 45 Minuten. Das lag vor allem an zwei Neuzugängen. Abgesehen von einem Kurzeinsatz im Pokalspiel beim FC Carl Zeiss Jena konnte Florian Hübner bislang noch nicht zeigen, warum er von Hannover 96 geholt wurde. Gegen St. Pauli bildete er mit Marvin Friedrich die neue Innenverteidigung: Ihre Nachteile in der Schnelligkeit fielen ob guter Abstimmung und hervorragendem Stellungsspiel nicht auf.
Zuverlässig wie immer verteidigte Christopher Trimmel auf rechts, auch der neue Linksverteidiger Ken Reichel spielte souverän. Dass das gesamte Team gute Abwehrarbeit leistete, lag vornehmlich an Manuel Schmiedebach. Der 29-Jährige war ebenfalls aus Hannover gekommen - und verlieh als Sechser vor der Viererkette dem Spiel der Unioner Stabilität. Defensiv tat er das laufstark. Dazu gewann er viele wichtige Zweikämpfe. Mit seiner Ruhe am Ball und guten Pässen bestimmte er auch den Spielaufbau.
Dass den bis dato in drei Pflichtspielen ungeschlagenen Berlinern (1:0 gegen Aue, 1:1 in Köln, 4:2 im DFB-Pokal in Jena) noch Verständnis und Selbstbewusstsein im Offensivspiel fehlte, mag am neu zusammengestellten Team unter neuer Führung von Fischer liegen. Gegen St. Pauli hatte der Trainer fünf Neuzugänge in die Startelf berufen. Aber eines macht Union schon besser als in der Vergangenheit: die Chancen verwerten. Erst nach 20 Minuten musste St. Paulis Torwart Robin Himmelmann das erste Mal eingreifen. Nach einer halben Stunde Spielzeit aber häuften sich die Möglichkeiten für die Gastgeber. Auch wenn keine davon wirklich herausgespielt war, dem zunehmenden Druck hielt das Hamburger Tor nicht stand. In der 44. Minute traf erst Grischa Prömel aus dem Gewühl heraus zum 1:0, in der Nachspielzeit der ersten Hälfte erhöhte Gogia nach einem Einwurf auf 2:0. St. Paulis Abwehr sah bei beiden Gegentreffern nicht gut aus.
Nach dem Wiederanpfiff zeigte ein weiterer Neuzugang, warum er verpflichtetet wurde. Stürmer Sebastian Andersson verschaffte sich in der 57. Minute etwas Raum, bekam den Ball, suchte den direkten Weg in den Strafraum und umspielte noch einen Gegner, bevor er den Ball mit Übersicht an St. Paulis Torwart Himmelmann vorbei zum 3:0 versenkte. Anderssons Qualität im Abschluss führte dann auch zum letzten Tor der Berliner. In der 88. Minute nahm er den Ball 18 Meter vor dem Hamburger Tor direkt und zirkelte ihn ins rechte untere Eck.
»Vom Ergebnis her sind wir zufrieden«, sagte Grischa Prömel nach dem Abpfiff und machte den Unterschied zwischen beiden Teams deutlich: »Wir haben hinten wenig zugelassen und vorn die Tore gemacht.« Neben dem Schützen des ersten Berliner Tores stand Christopher Buchtmann. Der Hamburger Mittelfeldspieler beklagte, dass sein Team bei den Gegentreffern dem Gegner mindestens drei Geschenke gemacht habe. Und, dass nur Henk Veerman in der 71. Minute zum zwischenzeitlichen 3:1 getroffen hatte. Buchtmann selbst hatte noch in der 86. Minute die große Chance auf den Anschlusstreffer. Aber Unions Torwart parierte den Schuss aus sieben Metern mit einer Mischung aus Können und Reflex.
Die turbulente Schlussphase zeigt, dass auch manch Negatives aus der Vergangenheit noch in der Mannschaft des 1. FC Union steckt: Selbst bei einem Vorsprung von zwei, drei Toren schafften es die Berliner nicht, Ruhe ins Spiel zu bekommen. Zugleich zeigt dies aber auch, dass St. Pauli unter Wert geschlagen wurde. Elf Mal zielten die Hamburger aufs Tor und damit genau so oft wie die Gastgeber. Auch in den Zweikampfwerten waren sich beide Teams ebenbürtig. »Die Statistiken sind am Ende aber nicht entscheidend«, meinte St. Paulis Trainer Markus Kauczinski und sprach von einer »verdienten Niederlage.«
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.