• Sport
  • Borussia Dortmund gegen RB Leipzig

Glühende Drähte

Borussia Dortmund übernimmt mit einem schmeichelhaften 4:1 gegen RB Leipzig die Tabellenführung - beide Klubs suchen noch Verstärkungen

  • Jörg Mebus, Dortmund
  • Lesedauer: 3 Min.

Tabellenführung, Torfestival, Traum-Comeback - Lucien Favre ließ sich von alldem nicht blenden. Der neue Trainer von Borussia Dortmund blickte nach dem 4:1 (3:1) gegen RB Leipzig ausgesprochen nachdenklich drein, er wusste genau: Dieser Sieg war eine Mogelpackung. Neben ihm betonte Leipzigs konsternierter Coach Ralf Rangnick sogar, sich nicht daran erinnern zu können, »dass ich jemals so ein groteskes Spiel erlebt habe«.

Der Perfektionist Favre ließ keinen Zweifel daran, dass ihn sein erstes Bundesligaspiel nach 1072 Tagen noch lange beschäftigen wird. »Es gibt viele Sachen zu korrigieren, viele taktische Sachen. Darüber brauchen wir jetzt nicht zu sprechen, das dauert Stunden«, meinte der Schweizer am Sonntagabend. »Viele, viele kleine Details« wolle er unter die Lupe nehmen. Favre gab zu, dass das Spiel »schon gut für uns gelaufen« sei.

Vor allem mit Blick auf die erste halbe Stunde war diese Beschreibung der Vorgänge noch nett untertrieben. Selten wurde der BVB im eigenen Stadion so vorgeführt. »Sie waren besser als wir, sie waren schneller, besser in den Zweikämpfen«, sagte Favre und gab sich wohltuend demütig. Höheres Pressen, Mittelfeldbeherrschung, Konterspiel, Ballkontrolle - alles soll nun auf den Prüfstand.

Dass das Spiel nach dem Leipziger Blitztor durch Jean-Kevin Augustin nach 31 Sekunden noch zugunsten des BVB kippte, lag maßgeblich an zwei Spielern: Torwart Roman Bürki, der mit zahlreichen Glanzparaden überragte, und Axel Witsel. Der 20-Millionen-Mann verwandelte den Dortmunder Hühnerhaufen als umsichtiger Dreh- und Angelpunkt vor der Abwehr im Laufe des Spiels in ein zumindest einigermaßen sattelfestes Gebilde. »Er bringt uns ein wenig Ruhe im Spielaufbau. Das beherrscht er sehr gut. Und er macht auch Tore«, sagte Favre über den Belgier, »sehr schöne Tore«. Nach dem überlebenswichtigen Ausgleich in der Nachspielzeit im Pokal in Fürth (2:1 n.V.) war es nun ein sehenswerter Seitfallzieher zum 3:1 (43.).

Witsel schwärmte von den »positiv verrückten« BVB-Fans, inhaltlich hielt er sich nach dem Spiel zurück, auch er traute dem Braten wohl noch nicht so recht. Vorher hatten Mahmoud Dahoud (21.) mit seinem ersten Treffer im 36. BVB-Pflichtspiel und Marcel Sabitzer per Eigentor (40.) das Spiel für die Gastgeber gedreht - ehe Marco Reus in der Nachspielzeit den Schlusspunkt setzte.

Weil trotz der vier Tore im Dortmunder Angriff viel Leerlauf herrschte, gilt als sicher, dass der BVB noch mal auf dem Transfermarkt tätig wird. Paco Alcacer vom FC Barcelona soll die Offensive beleben. »Es gibt nichts zu vermelden«, meinte Sebastian Kehl, neuer Leiter der Lizenzspielerabteilung: »Es muss passen. Wir machen nur Dinge, von denen wir absolut überzeugt sind.«

Auch Leipzigs Trainer und Sportdirektor Rangnick wird wohl noch mal einkaufen, im Gespräch ist unter anderem Flügelstürmer Ademola Lookman vom FC Everton. Dieser war in der vergangenen Rückserie schon ausgeliehen worden. Laut Rangnick »glühen die Drähte im Hintergrund«, er wolle sich aber voll auf das entscheidende Playoff-Spiel zur Europa League am Donnerstag gegen Sorja Lugansk und das folgende Ligaspiel gegen Fortuna Düsseldorf konzentrieren, in denen mögliche Zugänge »eh keine Rolle« spielen.

Zudem ging es Rangnick wohl ähnlich wie Favre: Die Mogelpackung wird ihn noch eine Weile beschäftigen. »Wir haben uns selbst um den Lohn eines richtig guten Spiels gebracht«, sagte er. SID/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.