Den Weg für freies WLAN frei gemacht
Bundesgerichtshof entlässt Anbieter aus der Haftung
Die Vorstellung macht Angst: Jemand geht über ihr WLAN unerkannt ins Netz und missbraucht ihren Anschluss als Tarnung für sogenanntes Filesharing. Besonders hoch ist das Risiko für Inhaber von Hotels, Cafés oder Geschäften, die ihren Kunden und Gästen freien Internetzugang anbieten möchten. Nun hat der Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 26. Juli 2018 (Az. I ZR 64/17) die WLAN-Betreiber vor unkalkulierbaren Kosten geschützt.
Worum geht es genau?
Um Leute, die sich aktuelle Musikalben, Filme oder Computerspiele ohne zu bezahlen über verbotene Tauschbörsen aus dem Internet ziehen. Dabei verletzen sie Urheberrechte. Den Täter kann das geschädigte Unternehmen oft nicht ausfindig machen. Über die IP-Adresse lässt sich zurückverfolgen, von welchem Anschluss aus die Datei in das Filesharing-Netzwerk hochgeladen wurde. Die Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche trafen dann in der Regel den Anschlussinhaber.
Wie können sich Menschen mit WLAN schützen?
Jahrelang ging das nur durch ausreichende Sicherung des Anschlusses gegen Missbrauch. Denn es galt die sogenannte Störerhaftung. Ein »Störer« ist für den BGH, »wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt«. Der Gesetzgeber schaffte die Störerhaftung 2017 ab.
Wie ist die neue Rechtslage?
Nach dem aktuellen BGH-Urteil soll der Anbieter nicht haften, wenn es in seinem Netz Verstöße gegen das Urheberrecht von Dritten gibt. WLAN-Betreiber - ob gewerblich oder privat, ob groß oder klein - können nach dem neuen Telemediengesetz nicht mehr auf Schadenersatz oder Unterlassung verklagt werden. Sie müssen ihr Netzwerk nicht mit einem Passwort verschlüsseln und auch nicht registrieren, wer darüber online geht.
Warum ist es wichtig, was nun der BGH dazu sagt?
Bisher war ungeklärt, ob die Neuregelung mit EU-Recht vereinbar ist. Es muss auch für die geschädigten Firmen einen Weg geben, sich gegen die Verletzung ihrer Urheberrechte zu wehren. Dem BGH lag erstmals ein Fall vor, in dem zu entscheiden war, ob das deutsche Gesetz dem gerecht wird.
Wie sieht das der BGH?
Der BGH sieht die Rechte der Unternehmen gewahrt. Gibt es keine andere Möglichkeit, dem Missbrauch ein Ende zu setzen, sieht das Gesetz nämlich vor, dass der WLAN-Betreiber die »Nutzung von Informationen« sperren muss. Laut BGH müssen Gerichte angesichts des EU-Rechts aber auch andere Arten von Sperren verhängen dürfen: Registrierungspflicht für alle Nutzer, Passwortsperre und im Extremfall sogar die vollständige Sperrung des Zugangs.
Was bedeutet das für die Betreiber offener WLANs?
Sie können immer noch gerichtlich belangt werden, allerdings nur, um die Sperren durchzusetzen. Die Kosten dafür müssen sie nicht tragen. Die Sperrung muss »zumutbar und verhältnismäßig« sein. Dabei müssen die Rechte der Firmen, der WLAN-Betreiber und der Internetnutzer gleichermaßen gewahrt bleiben. Eine Sperre für den Hotspot eines Privatmanns dürfte also um einiges leichter zu rechtfertigen sein als eine Beschränkung des Flughafen-WLANs. dpa/nd
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