Die vereinte Rechte in Chemnitz

An den Aufmärschen vom Sonntag- und Montagabend nahmen diverse Gruppen teil

  • Henrik Merker
  • Lesedauer: 4 Min.

An den Aufmärschen in Chemnitz am Sonntag- und Montagabend, der den Tod eines 35-Jährigen nach einer Messerstecherei zum Anlass genommen hatte, um rassistische Parolen zu verbreiten und Gewalttaten zu verüben, waren diverse Gruppen beteiligt:

Pro-Chemnitz

Die rechtspopulistische Wählervereinigung hatte für Montagabend zu einer vermeintlichen Gedenkveranstaltung nach Chemnitz gerufen. Der Bewegung wird vom Verfassungsschutz keine Demokratiefeindlichkeit attestiert – 2014 kandidierte ein Mitglied der verbotenen Kameradschaft Nationale Sozialisten Chemnitz auf ihrer Liste für ein Stadtratsmandat. Der Gründer von Pro-Chemnitz, Martin Kohlmann, hielt eine Rede auf der Versammlung vor dem Karl-Marx-Monument. Der Anwalt war lange Jahre bei den Republikanern, organisierte 2004 ein Konzert mit dem NPD-Liedermacher Frank Rennicke. Zuletzt verteidigte Kohlmann vor Gericht die Freitaler Terrorgruppe, hielt ein umstrittenes Plädoyer und störte die Urteilsverkündung.

Kaotic Chemnitz

Die Aufrufe zu der Großdemonstration vom Sonntag hatte die Hooligan-Gruppe »Kaotic Chemnitz« gestartet, tief verankert in der rechtsextremen Szene. »Kaotic« entstand aus der Schlägertruppe »NS-Boys«, einer 2006 vom Chemnitzer FC mit Stadionverbot belegten und offiziell aufgelösten Vereinigung. Die Truppe ist jedoch weiter aktiv. Ein Mitbegründer der NS-Boys war Kader der mittlerweile verbotenen Kameradschaft Nationale Sozialisten Chemnitz – beim NSU-Prozess wurden seine Verbindungen in das Terrornetzwerk bekannt. Ihren Aufruf hatten die Rechtsextremen nach einiger Zeit wieder gelöscht, im Netz kursierte er danach als Screenshot auf mehreren Unterstützerseiten und im Freundeskreis des Getöteten. Zu dem Aufmarsch am Montag veröffentlichte die Hooligan-Gruppe kein Statement.

AfD

AfD-Politiker heizten die Stimmung im Netz weiter an. Der Universitäts-Professor Ralph Weber forderte, Deutschland müsse »nun erwachen«. Ein »Wir«, gemeint sind die Chemnitzer, müsse sich gegen »die verteidigen, die hier nicht hingehören«. Auch die Chemnitzer Ortsgruppe beteiligt sich am Aufruf für die Demonstration am Montag. Von Thomas Dietz, AfD-Abgeordneter im Erzgebirgskreis, werden Journalisten vorgewarnt – sie hätten die Gesellschaft schon genug gespalten. Die Menschenjagden vom Sonntag werden im Beitrag der AfD zu einer »Spontandemo der Trauernden und Wütenden«. Der Text wurde von mehreren Seiten mit Bezug zur Rechtsaußenpartei geteilt, weitere Abgeordnete schrieben eigene Aufrufe.

Pegida

Pegida-Gründer Lutz Bachmann hatte in einem Video dazu aufgerufen, in Chemnitz am Aufmarsch am Montagabend teilzunehmen. Stellvertretend war die rechte Aktivistin Katja Kaiser anwesend, filmte den gewalttätigen Aufzug und umstehende Reporter. Kaiser befand sich durchweg an der Spitze des Aufmarsches.

NPD

Die NPD trug am Montag alte Wahlplakate zur Schau. Wie bereits bei früheren Veranstaltungen im Erzgebirge hatte die Neonazipartei ihre Logos abgeschnitten – um bürgerlicher zu wirken. In Schneeberg hatte die Partei 2013 mit dieser Taktik Erfolg, als ihr 1500 Sachsen zu einem Fackelmarsch folgten. Die Rechtsextremen hatten auch via Social Media bundesweit zur Teilnahme aufgerufen – zuletzt hatte sie in Berlin mit ihrem martialischen Heß-Marsch schon einen Erfolg gefeiert. Mit dem Freigeist e.V. hat der NPD-Kreisrat Stefan Hartung in der Region einen Tarnverein gegründet, der bereits am vorigen Wochenende vor dem Karl-Marx-Monument mit Holocaustleugnern und einer Volkstanzgruppe demonstrierte. Hartung war 2013 für die ausländerfeindlichen Fackelmärsche in Schneeberg verantwortlich, an denen bis zu 1500 Sachsen teilnahmen.

Soldiers of Odin

Die germanisch-völkische Sekte ist im Umfeld der Neuen Rechten zu finden, benannte sich erst vor kurzem in Wodans Erben um. Die Gruppe, bei der man sich um die Mitgliedschaft förmlich bewerben muss, hatte sich zu den Aktionen in Chemnitz bekannt. Soldiers of Odin Germany ist der Ableger eines internationalen Netzwerks, das seine Wurzeln in Finnland hat. In den USA, Kanada und Australien gibt es Untergruppen, die für schwere Angriffe auf vermeintliche Ausländer berüchtigt sind. In Deutschland wird die Sekte vom Verfassungsschutz beobachtet und nahm zuletzt ungestört an AfD-Aufmärschen teil.

III-Weg

Die neonazistische Kleinstpartei marschierte in Partei-Uniformen in der ersten Reihe auf. Bei ihnen war auch der frühere NPD-Politiker Michel Fischer aus Thüringen, der zum rechten Hooligan-Milieu gehört. Die Partei hatte auf ihrer Website zur Teilnahme mobilisiert und einen Liveticker geschaltet. Darin werden Drohungen gegen Journalisten gefeiert. Die Partei marschiert regelmäßig im nahen Erzgebirge auf, für den 1. September planen die Rechtsextremen in Plauen eine Demonstration.

Die Rechte

Aus Dortmund hatten Kader von »Die Rechte« angekündigt, nach Chemnitz zu fahren. Die Kleinstpartei ist eng mit NPD und III Weg vernetzt. Dortmunder Neonazis bewegten sich am Rande des Aufmarschs genau wie der III Weg in einer geschlossenen Formation und bedrohten Reporter. In ihrem Aufruf hatte die Partei angekündigt, sich Chemnitz »zurückzuholen«.

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