Akquisefest für die Oscars
Filmfestspiele Venedig
Wahrscheinlich bereut Dieter Kosslick die Entscheidung. Immerhin wollte die Berlinale 2006 das »Leben der Anderen« von Florian Henckel von Donnersmarck nicht zeigen. Ein Fehler, wie viele fanden: Das Stasi-Drama wurde enorm erfolgreich und gewann international zahlreiche Preise. Nun reichte Henckel von Donnersmarck seinen neuen Film beim Festival in Venedig ein. Dort konkurriert sein »Werk ohne Autor« im Wettbewerb um den Goldenen Löwen.
Den Auftakt macht am Mittwoch (29. August) aber erst einmal »First Man« von Damien Chazelle. Er erzählt mit Ryan Gosling in der Hauptrolle von Neil Armstrong, der als erster Mensch den Mond betrat. Es ist damit auch der erste von 21 Beiträgen im Wettbewerb, an die die Jury um Guillermo del Toro (»Shape of Water«) am 9. September die Hauptpreise vergeben wird. Chazelle und Gosling eröffneten übrigens schon vor zwei Jahren die Festspiele auf dem Lido: Das Musical »La La Land« wurde später mit sechs Oscars ausgezeichnet.
Überhaupt konnte sich Venedig als erstes wichtiges Forum für die jeweils folgende Oscarsaison etablieren. Leiter Alberto Barbera bewies immer wieder ein sehr gutes Gespür für Filme, die danach noch international erfolgreich waren. Nun wollen zahlreiche Regisseure diese Plattform nutzen und das macht sich auch in dieser Festivalausgabe bemerkbar, in der besonders viele hochkarätige Filmemacher und mit Spannung erwartete Werke vertreten sind.
Die vierfachen Oscargewinner Ethan und Joel Coen etwa legen mit »The Ballad of Buster Scruggs« einen Western mit James Franco, Liam Neeson und Tom Waits vor. Auch der Franzose Jacques Audiard entschied sich für seinen ersten Film auf Englisch für eine Westerngeschichte und schickt Joaquin Phoenix und Jake Gyllenhaal in »The Sisters Brothers« durch das Oregon des 19. Jahrhunderts.
Alfonso Cuarón hingegen zeigt nach seinem Oscargewinner »Gravity« das in Schwarz-Weiß-gedrehte »Roma« über das Mexiko seiner Kindheit. Auch der Brite Mike Leigh geht zurück in die Vergangenheit: »Peterloo« thematisiert das Massaker 1819 in Manchester, bei dem eine friedliche Protestkundgebung tödlich niedergeschlagen wurde. Julian Schnabel hingegen schaut in »At Eternity’s Gate« mit Willem Dafoe und Mads Mikkelsen auf Vincent van Goghs Zeit in Arles. Henckel von Donnersmarcks »Werk ohne Autor« ist ebenfalls das Porträt eines Künstlers (Tom Schilling). Dieser wird nach der Flucht in den Westen von den Erinnerungen an die NS-Zeit und an das SED-Regime verfolgt.
Im Wettbewerb stammt zwar nur ein einziger Beitrag von einer Frau. Dennoch könnten gleich mehrere Frauen einen starken Eindruck hinterlassen: Natalie Portman (»Black Swan«) gibt in »Vox Lux« eine Sängerin, die sich zurück ins Leben kämpft, während die australische Regisseurin Jennifer Kent »The Nightingale« eine Frau auf einen Rachefeldzug schickt. dpa/nd
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