Einseitiger Liebesbrief

Der Film Crazy Rich Asians zeigt zwar den Reichtum Singapurs und hellhäutige Chinesen aber nicht dessen Kehrseite: dunkelhäutige »Südasiaten« als Bedienstete

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 3 Min.

Augenscheinlich war das Fehlen des Autors und Produktionsleiters von »Crazy Rich Asians« bei der Premiere in Singapur, immerhin der Heimatstadt von Kevin Kwan. Die Begründung dürfte allerdings einleuchten, der südostasiatische Stadtstaat hat Kwan zur Fahndung ausgeschrieben - er hat sich um seinen Militärdienst gedrückt. Kwan behauptet zwar, nur noch die US-amerikanische Staatsangehörigkeit zu besitzen. Doch die Behörden in Singapur sehen das anders: Dort ist eine doppelte Staatsangehörigkeit verboten, dem Antrag zur Ausbürgerung Kwans wurde nicht stattgegeben - vorher müsse der 44-Jährige ja noch den Militärdienst leisten.

»Crazy Rich Asians« gilt in den USA schon jetzt als der Überraschungserfolg des Jahres 2018. Der Film trägt den Diskussionen in Hollywood Rechnung, wo nach der Oscarverleihung im vergangenen Jahr vielfach kritisiert wurde, dass die Filmindustrie überproportional von weißen Menschen besetzt sei - sowohl bei Schauspielern als auch bei Autoren und Produzenten. »Crazy Rich Asians« ist nun der erste Film Hollywoods seit 1993, der in den Hauptrollen ausschließlich mit Schauspielern besetzt wurde, die Vorfahren aus Asien haben. Bereits nach fünf Tagen wurden die Produktionskosten von 30 Millionen US-Dollar wieder eingespielt, zur Überraschung der Vielen, die immer noch glauben, dass Filme keinen Erfolg haben können, wenn sie ohne Weiße auskommen. In Deutschland wird ebenso daran gezweifelt: Um die Zuschauer ins Kino zu locken, wurden vorsichtshalber die Asiaten aus dem Titel gestrichen - »Crazy Rich« läuft seit dieser Woche in wenigen Programmkinos.

Was für den US-amerikanischen Kontext als erfolgversprechend gilt - ein Film, der die nicht-weiße Realität in den Fokus rückt -, wird in Südostasien allerdings kritisch gesehen. Denn während Asiaten in den USA klar die Minderheit bilden, so stellen sie in Singapur, wo 76 Prozent Vorfahren aus China haben und alle bisherigen Premierminister ethnische Chinesen waren, die Mehrheit. Die »Ostasiaten«, wie sie in Singapur genannt werden, dominieren die wichtigsten Medien und die Popkultur. Die dunkelhäutigeren »Südasiaten«, vor allem malaysischer und indischer Herkunft, aber auch hellhäutige Singapurer eurasischer Abstammung, kommen hingegen kaum vor. Auch nicht in »Crazy Rich Asians«, in dem Singapur als Heimat superreicher Chinesen dargestellt wird, dem der Autor mit seinem Werk einen »Liebesbrief« zukommen lassen will.

Das ist nicht unbedingt verkehrt, immerhin hat Singapur das weltweit vierthöchste Bruttoinlandsprodukt per Kopf und mit 180 000 Millionären - bei 5,6 Millionen Einwohnern - die größte Millionärsdichte der Welt. Nur, mit seinem Fokus auf die superreichen Chinesen verstärkt der Film das im Westen und in den internationalen Medien vorherrschende Image des Stadtstaates als reiche Technikmetropole. Den dunkelhäutigen Bediensteten, Hausmädchen und Arbeitenden kommt das nicht zu Gute.

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