Eine Stichattacke und viele offene Fragen

Rechte Hooligans aus Nordrhein-Westfalen gehen in Düsseldorf auf die Straße. In unmittelbarer Nähe wird ein Mann niedergestochen

  • Dennis Pesch
  • Lesedauer: 3 Min.

In Düsseldorf wurde in der Nacht von Montag auf Dienstag ein 23-jähriger Türke, der in Karlsruhe lebt, niedergestochen. Nach aktuellen Informationen der Staatsanwaltschaft Düsseldorf sei der Mann in der Königsallee in einen Streit mit vier Männern geraten. Die vierköpfige Gruppe soll den Türken geschlagen und dann mit einer abgebrochenen Flasche niedergestochen haben. Von einem Passanten wurde er anschließend gefunden. Dank einer Notoperation hat er überlebt und ist außer Lebensgefahr. Eine Mordkommission hat die Ermittlungen aufgenommen.

Wenige Stunden, nachdem die Düsseldorfer Polizei und Staatsanwaltschaft eine Pressemitteilung veröffentlicht hatten, berichtete die dpa über den Fall. Polizei und Staatsanwaltschaft gaben bekannt, dass die Hintergründe des Körperverletzungsdeliktes »noch völlig unklar sind«. Doch schon nach weniger als zwölf Stunden erklärte die Polizei gegenüber dpa, dass es keine Hinweise auf einen rassistischen Tathintergrund gebe.

Einige Stunden zuvor hatten rund 120 Rechtsradikale aus dem Rheinland und Ruhrgebiet am Düsseldorfer Landtag demonstriert, der vom Tatort fußläufig 20 Minuten entfernt liegt. Gegenüber »nd« erklärte ein Pressesprecher der Staatsanwaltschaft am Mittwoch, dass sich am Ermittlungsstand nichts geändert habe. Die Meldung, dass es keine Hinweise auf einen rassistischen Tathintergrund gebe, habe man herausgegeben, um »keine Spekulationen ins Kraut zu schießen«, so der Sprecher. »Auch wenn wir den Hintergrund der Tat nicht kennen, meinen wir, dass wir das ausschließen können.«

Dabei lässt besonders die Begründung der Staatsanwaltschaft aufhorchen, warum sie die These eines rassistischen Tatmotives bisher ausschließt. Das Erscheinungsbild der Täter, das von einem Zeugen geschildert wurde, lasse nicht darauf schließen, dass es sich um rechte Gewalttäter handele, so die Staatsanwaltschaft. »Trotzdem wird natürlich in alle Richtungen ermittelt«, erklärte der Sprecher. Derweil mutmaßt »Bild« über die Biographie des Opfers. Zweimal sei gegen ihn wegen Totschlags ermittelt worden, er sei Mitglied einer rockerähnlichen Vereinigung, heißt es in dem Boulevardblatt. Die Staatsanwaltschaft konnte dem »nd« bisher keine gerichtliche Verurteilung des Opfers bestätigen, die Ermittlungen dazu dauerten noch an.

Dass die Polizei ein rassistisches Tatmotiv ausschließt, ist anlässlich der Hetzjagden auf vermeintliche Migranten in Chemnitz fragwürdig. Am Montagabend demonstrierte die extreme Rechte in Düsseldorf vor allem ihre Solidarität mit den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen in der sächsischen Stadt.

Ein Großteil der Demoteilnehmer in Düsseldorf stammte aus dem Milieu rechter Hooligans, die teilweise im Oktober 2014 in Köln bei einer Demo der »Hooligans gegen Salafisten« für Krawalle sorgten. Es wurden keine Reden gehalten, nur Sprechchöre wie »Antifa Hurensöhne« waren zu hören. Gegen 20.30 Uhr wurde die Kundgebung vom Anmelder für beendet erklärt. Die Polizei ließ die Rechten den Platz vor dem Landtag nur in Kleingruppen verlassen. Ohne polizeiliche Begleitung gingen die Teilnehmer zur Straßenbahn oder zu ihren Autos. Einige zogen in die Düsseldorfer Altstadt, in der sich auch die Königsallee befindet.

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