Geld marsch für Feuerwehr und Co.

SPD-Vorstoß zur Einkommenserhöhung würde 500 Millionen Euro kosten - pro Jahr

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 4 Min.

Bei den Gewerkschaften werden die aktuellen Vorschläge von SPD-Fraktionschef Raed Saleh und seines Umfeldes begrüßt. «Ich freue mich, dass die Sozialdemokraten ernsthaft darüber nachdenken, sozialdemokratische Politik zu machen und unsere jahrelangen Bemühungen endlich fruchten», sagt der Landesvorsitzende der GdP, Norbert Cioma. Ursache für die neu entfachte Begeisterung für die Sozialdemokratie ist: Nichts weniger als die Anpassung «der Einkommen für den öffentlichen Dienst an das Bundesniveau für die Tarifbeschäftigten und Beamtinnen und Beamten», versprechen Saleh und seine Mitstreiter - und das noch in dieser Legislaturperiode, die bis 2021 läuft. So steht es zumindest in einem Papier, das im Vorfeld des nächsten Landesparteitages der SPD im November kursiert.

Tatsache ist: Weil Berlin zugleich Bundeshauptstadt ist, sind die Lohnunterschiede zwischen dem arg gebeutelten Landesdienst und der Bundesebene enorm. Derzeit liegt er bei neun Prozentpunkten, das haben Experten errechnet. Für Feuerwehr, Polizei und Co. heißt das: ein Polizeiobermeister (A8) beispielsweise verdient laut Gewerkschaftsangaben 300 Euro weniger als der Bundeskollege, ein Kriminalhauptkommissar (A11) sogar fast 500 Euro weniger. Angesichts der steigenden Mieten und Lebenshaltungskosten sind das gewichtige Argumente. «Ich kann es keinem verübeln, wenn man woanders mehr Geld für weniger Einsatzbelastung haben kann und deswegen zum Bund oder in andere Länder wechseln möchte», sagt GdP-Chef Cioma.

Dass die miese Bezahlung in Berlin ein Problem ist, gute Mitarbeiter für den Öffentlichen Dienst zu bekommen, ist bekannt. In der Koalitionsvereinbarung hatte sich Rot-Rot-Grün aus diesem Grund darauf verständigt, bis 2021 bei den Gehältern des Landesdienstes und in den Bezirken den Durchschnitt der anderen Bundesländer zu erreichen. Berlin hinkt auch deshalb hinterher, weil es in den Nuller Jahren einen strikten Sparkurs verfolgte, überhaupt wurde das Land erst am 1. Januar 2013 wieder in die Tarifgemeinschaft der Länder aufgenommen.

Mit dem Alleingang einer Erhöhung auf Bundesniveau würde Berlin wohl die Ländergemeinschaft wieder verlassen. Fraglich ist aber auch, ob sich die Erhöhung überhaupt seriös finanzieren lässt. Zwar verzeichnet Berlin seit Jahren Haushaltsüberschüsse, aber die nun in Aussicht gestellte Lohnanpassung auf das Bundesniveau würde das Land Berlin pro Jahr wohl ungefähr 500 Millionen Euro kosten. Wobei Personalausgaben als strukturelle Ausgaben gewertet werden, weil sie nicht wie Investitionen einmalig zu leisten sind, sondern jährlich wiederkehren.

In der Verwaltung von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) wird diese Größenordnung der in Rede stehenden Erhöhung unterdessen bestätigt. Näher äußern möchte man sich zu dem Vorschlag aus der SPD aber nicht. «Dieses Papier ist offiziell noch nicht hier eingetroffen», sagt die Sprecherin des Finanzsenators, Eva Henkel, dem «nd». Sobald das Papier vorlege, werde man sich aber sorgfältig damit beschäftigen. «Die Erhöhung der Besoldung auf das Niveau des Bundes hat aber sicherlich erhebliche Signalwirkung auf andere Bundesländer», sagt Henkel. Schließlich sei Berlin größter Empfänger im Länderfinanzausgleich und eine Erhöhung der Einkommen würde bei den Geberländern, die dann weniger für ihre eigenen Beschäftigten zahlen würden, sicherlich auf große Kritik stoßen.«

Auch der Koalitionspartner der SPD, die Linkspartei, hat noch Fragen. »Wir haben aktuell die SPD und den Finanzsenator aufgefordert, zu erklären, was die Erhöhung der Gehälter der Landesbeschäftigten kostet und wie es in dieser Legislatur umgesetzt werden könnte«, sagt die Fraktionschefin der LINKEN im Abgeordnetenhaus, Carola Bluhm. Wenn es finanzierbar sei, dann wäre die LINKE aber dabei. Schließlich machen sich die Sozialisten schon seit jeher für das Thema stark. Auch in den Koalitionsverhandlungen habe sich die »seit dem ersten Tag« für das Thema angemessene Besoldung eingesetzt, so Bluhm.

Nach dem Vorstoß aus den Saleh-Kreisen ist die Debatte zu den Löhnen der Beschäftigten im Land und den Bezirken voll entbrannt. Mit welchen konkreten Erhöhungen die Feuerwehrleute und Co. rechnen könnten, ist aber nicht absehbar. Zunächst gelten die beschlossenen Anpassungsschritte auf das Durchschnittsniveau der Bundesländer weiter.

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