Nach dem Feuer ist vor dem Feuer

Obwohl schnell Konsequenzen aus den Bränden des Sommers zu ziehen sind, tut sich wenig

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Schweden, Griechenland, Portugal, Deutschland - im jetzt endenden Sommer hat es quer durch Europa Dutzende verheerende Waldbrände gegeben. Experten warnen, dass die Waldbrandperioden immer länger werden. Auch das Ausmaß der in dieser Zeit freigesetzten Zerstörungskräfte nehme stetig zu. Bereits in diesem Jahr haben die Feuer bei Mensch und Tier zahlreiche Opfer gefordert und Existenzen vernichtet. Vielerorts ist die Natur schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Vegetation wird Jahre brauchen, um sich wieder zu erholen.

In Deutschland waren Hunderte Frauen und Männer der Feuerwehren, des Technischen Hilfswerkes, von Polizei und Bundeswehr im Einsatz gegen die Flammen. Und natürlich waren Statistiker mit dabei. So konnte die Bundesregierung nun auf Nachfrage der Grünen-Abgeordneten Irene Mihalic detailliert auflisten, dass allein im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 15. August 2018 Hubschrauber der Bundeswehr sieben Mal bei der Brandbekämpfung aus der Luft eingesetzt worden sind. Dabei haben sie bei 176 Löscheinsätzen rund 800 000 Liter Wasser abgeworfen.

Auch die Bundespolizei setzte Maschinen ein. Allein beim Brand im Brandenburger Forst von Fichtenwalde bei Potsdam ließ die Bundespolizei bei rund 180 Flügen 250 000 Liter abregnen. Doch nicht immer können die blauen »Super-Puma« vor Ort sein. Und die Tage der von der Bundeswehr eingesetzten CH-53-Helikopter der Luftwaffe und die Uralt-Muster UH-1D des Heeres sind gezählt. Die Nachfolgertypen NH90 beispielsweise scheinen in Waldbrandsituationen untauglich zu sein - bisher jedenfalls. Weshalb Katas- trophenschützer, allen voran der Präsident des Technischen Hilfswerks (THW), Albrecht Broemme, den Kauf von Löschflugzeugen verlangten. Die könnten im Notfall auch EU-weit zum Einsatz kommen. Zuständig für den Schutz vor Katastrophen und für eine sichere Heimat wäre das Innenministerium von Horst Seehofer (CSU). Doch von dort kamen nicht einmal verhaltene Reaktionen auf die Forderung nach Löschflugzeugen.

Vor allem in mit Munition belasteten Gebieten können fliegende Feuerwehren aus sicherer Entfernung agieren. Allein in Brandenburg sollen nach Angaben des Innenministeriums über 360 000 Hektar kampfmittelbelastet sein. Seit 1991 wurden dort 13 000 Tonnen Kampfmittel geborgen, darunter 49 000 Minen, 74 000 Brandbomben und 68 000 Granaten. Wie viel Munition noch im Boden liegt, kann nicht einmal geschätzt werden. In solchen Gebieten müssen sich Brandbekämpfer beim Vor-Ort-Einsatz tunlichst zurückhalten - herkömmliche Löschmethoden wären zu gefährlich. Deshalb verließ man sich in diesem Sommer auch mehrfach auf »Anna« und »Maria«. Es handelt sich um zwei je 48 Tonnen schwere Löschpanzer, die aus dem sowjetischen T-55 entwickelt wurden. Diese gehören einer Firma in Seehausen in der Altmark (Sachsen-Anhalt). Die Waldbrandbekämpfer in Brandenburg waren des Lobes voll über die beiden zivilisierten Kampfmaschinen.

Wie viele Löschpanzer sind überhaupt bei den Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland eingesetzt und welchen Mehrwert sieht die Bundesregierung in der Anwendung dieser Fahrzeuge im Falle von Waldbränden? Das fragte dieser Tage der FDP-Abgeordnete Marcus Faber die Bundesregierung und staunte über die Antwort. Denn im zuständigen Bundesinnenministerium »liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie viele Löschpanzer bei den Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren der Länder eingesetzt werden«. Schließlich liege Katastrophenschutz in der Verantwortung der Länder und der Brandschutz sei Aufgabe der Kommunen. Welcher Mehrwert durch den Einsatz eines Löschpanzers im Fall von Waldbränden entsteht, könne also »aus Sicht der Bundesregierung nur durch die Kräfte vor Ort im Einzelfall beurteilt werden«. Klar, beispielsweise im kommenden Sommer ...

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