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Umfrage: Zu schnelle Räumung, zu langsamer Kohleausstieg
73 Prozent der Deutschen wollen einen Kohleausstieg bis 2030 oder früher - nur wenige wollen bis 2040 oder länger warten
Die Mehrheit der Deutschen will mehr als nur eine vorübergehende Aussetzung der Räumung des Hambacher Forst, wie sie die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen am Mittwochabend verkündet hatte. Statt in den kommenden Tagen mit der Räumung Fakten zu schaffen, wollen 75 Prozent der Deutschen, dass die Bundesregierung die Rodung stoppen soll, bis am Endes dieses Jahres ein nationaler Plan für den Kohleausstieg vorliegt. 22 Prozent lehnen das ab und nur drei Prozent der Befragten antworten »weiß nicht«.
Das zeigt eine Umfrage der Meinungsforscher von Emnid im Auftrag der Onlinecampaigner von Avaaz, die »nd« vorliegt. Dafür wurden - noch vor dem Tod eines Journalisten am Mittwoch - bei einer repräsentativen Onlineumfrage am Montag und Dienstag 1014 Menschen befragt.
»Die große Mehrheit der Deutschen ist sich einig: Klimaschutz statt Kohlebagger. Die Regierung hingegen scheint den Hambacher Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen: Es geht nicht um ein kleines Waldstück bei Köln, sondern um die Zukunft der deutschen Klimapolitik«, sagt Christoph Schott, der Kampagnendirektor von Avaaz. Bei einer weltweiten Unterschriftenkampagne des Netzwerkes haben sich bisher 3,6 Millionen Menschen beteiligt. Sie fordern einen Ausstieg aus fossilen Energien und dass Gesellschaften und Volkswirtschaften bis 2050 zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umgestellt werden.
In Deutschland soll das laut der Mehrheit der Umfrageteilnehmer schon früher geschehen. 73 Prozent wollen, dass Deutschland bis 2030 aus der Kohle aussteigt - oder sogar schon 2025. Auch unter den Anhängern der GroKo-Parteien SPD und CDU wollen das mehr als 80 Prozent. Immerhin 46 Prozent wollen den Kohleausstieg schon in den nächsten sechs Jahren umsetzen.
Den in den vergangenen Tagen aus der Kohlekommission durchgesickerten »Kompromissvorschlag« von Ronald Pofalla zwischen 2035 und 2038 aus der Kohle auszusteigen wollen offenbar nur wenige Menschen im Land. 11 Prozent wollen bis spätestens 2040 oder später aussteigen. Eine kleine harte Minderheit von Kohleunterstützern von 12 Prozent will überhaupt keinen Kohleausstieg.
Auch die Umfragen anderer Umfrageforscher zeigen - bei anderen Fragestellungen - viel Unterstützung für die Besetzer des Hambacher Forst. Bei einer YouGov-Umfrage unterstützen 61 Prozent die Besetzung des Hambacher Forstes durch Umweltschützer, 23 Prozent lehnen die Aktionsform ab, nachdem ihnen zuvor in der Frage erklärt wurde, das damit die Rodung des Waldes zur Erweiterung des Braunkohletagebaus verhindert werden soll. Auch hier ist das mehrheitliche Verständnis übrigens parteiübegreifend - mit Ausnahme der Anhänger der Law-and-Order-Partei AfD. Eine Civey-Umfrage, die direkt fragte, wie die Umfrageteilnehmer die Räumung durch die Polizei bewertet, zeigte eine große Polarisierung. Rund 45 Prozent finden die Räumung richtig, 44 Prozent fanden sie falsch und nur 11 Prozent zeigen sich unentschieden.
Die Fehlertoleranz der Umfragen liegt bei zwei bis drei Prozent.
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