- Berlin
- Antisemitismusbeauftragte in Berlin
Dolmetscherin für die Justiz
Die neue Antisemitismusbeauftragte Claudia Vanoni wurde von der Generalstaatsanwältin Koppers vorgestellt
»Ich bin noch am Anfang, orientiere und sortiere mich gerade«, sagt Claudia Vanoni. Seit 1. September ist sie Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft Berlins. Eigentlich gebe es noch gar nicht viel über die Arbeit der 44-jährigen Juristin in ihrer neuen Funktion zu erzählen. Deshalb habe man sich statt einer großen Pressekonferenz mit viel Tamtam für eine Vorstellung in kleiner Runde im Büro der Generalstaatsanwältin Margarete Koppers entschieden, erklärt diese höchstpersönlich am Mittwochnachmittag.
»Der Anlass, aus dem wir uns heute treffen, ist eigentlich ein trauriger«, beginnt die Vorgesetzte der neuen Antisemitismusbeauftragten das Gespräch. »Nämlich, dass Berlin die Führung im negativen Sinne übernommen hat, was Anfeindungen und Angriffe mit antisemitischem Hintergrund angeht«, so die Generalstaatsanwältin. »Wir müssen uns positionieren - als Behörde sowie als Privatperson«, sagt Koppers.
Ihrer Meinung nach spielt der Antisemitismus bei allen gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit betreffenden Themen eine besondere Rolle. Deshalb habe sie sich entschieden, eine Antisemitismusbeauftragte in ihrer Behörde anzusiedeln, so die Generalstaatsanwältin.
»Frau Vanoni soll vor allem Dolmetscherin sein«, sagt Koppers. Dolmetscherin, das heißt in diesem Fall letztendlich: Vermittlerin zwischen der Justiz und den Opfern antisemitischer Straftaten. »Juristen können nicht mit Nichtjuristen kommunizieren«, so Koppers. In juristischer Sprache verfasste Bescheide zur Verfahrenseinstellung seien für Betroffene oft schwer zu ertragen. Dadurch sinke das Vertrauen in die Staatsanwaltschaft noch weiter. Deshalb sei es wichtig, das Personal mit Schulungen für das Thema zu sensibilisieren.
Um das Vertrauen in die Justizbehörde bei den Opfern wieder zu stärken, soll Antisemitismusbeauftragte Vanoni außerdem mit »Institutionen und Organisationen jüdischen Lebens« und anderen Behörden, zum Beispiel der Polizei, zusammenarbeiten. »Dadurch soll auch die Strafverfolgung noch besser werden«, sagt Vanoni. Qualifiziert habe sich die 44-Jährige, die bisher als Oberstaatsanwältin mit der Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaft Berlin befasst ist, durch ein »persönliches Interesse« und eine »klare Haltung« zum Thema, sagt Koppers. In ihrer Laufbahn hat sich Vanoni außerdem bereits als ermittelnde Staatsanwältin mit politisch motivierter Kriminalität beschäftigt.
Momentan bestreitet die Juristin ihren Posten noch zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben. Mit der Zeit werde sich dann herausstellen, wie »hoch der Bedarf« sei und ob Vanoni künftig auf einer vollen Stelle als Antisemitismusbeauftragte eingesetzt wird. Ihren ersten Tätigkeitsbericht wird sie voraussichtlich im Herbst nächsten Jahres vorlegen.
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