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Amazon setzt Mindestlohn für US-Mitarbeiter auf 15 Dollar hoch
Bernie Sanders fordert weitere Unternehmen auf, Amazon zu folgen / Politischer Druck und niedrige Arbeitslosigkeit sorgten für höhere Löhne
Der oft für seine Arbeitsbedingungen kritisierte Online-Händler Amazon setzt für seine US-Mitarbeiter einen Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde fest. Davon sollen nicht nur die 250.000 fest angestellten Beschäftigten profitieren, sondern auch die rund 100.000 Zeitarbeiter, die für das Weihnachtsgeschäft dazukommen, wie Amazon am Dienstag mitteilte.
Zugleich wolle sich die Firma auch dafür einsetzen, dass der staatlich vorgeschriebene Mindestlohn von aktuell 7,25 Dollar pro Stunde angehoben werde, hieß es. Amazon machte keine Angaben zur bisherigen Höhe des firmeninternen Mindestlohns. »Wir haben unseren Kritikern zugehört, nachgedacht, was wir machen wollen, und beschlossen, dass wir die Bewegung anführen wollen«, erklärte Gründer und Chef Jeff Bezos. In den USA schreiben mehrere Dutzend Bundesstaaten allerdings bereits Mindestlöhne über dem national festgelegten Wert vor.
»Ich will hiermit Jeff Bezos dazu gratulieren, das Richtige getan zu haben«, erklärte US-Senator Bernie Sanders auf Twitter. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat und Sozialist erklärte, das Signal von Bezos werde auf »der ganzen Welt gehört werden«. Zudem forderte er andere Unternehmen auf, dem Schritt von Bezos zu folgen. Sanders und andere progressive Demokraten wie der Kongressabgeordnete Ro Khanna hatten in den vergangenen Monaten enthüllt, das Amazon öffentliche Subventionen kassierte, während gleichzeitig viele Mitarbeiter auf Essensmarken der Behörden angewiesen waren.
Mit dem »Stop BEZOS«-Gesetz wollten die beiden großen Firmen für einen solchen Fall Extra-Steuern auferlegen und sie so unter Druck setzen, die Löhne anzuheben. »So sieht die politische Revolution aus«, jubelte Sanders auf Twitter. Zugleich dankte er der »Fight for 15«-Bewegung für ihre Bemühungen zur Organisierung und den Protest. Seit Jahren setzen sich Gewerkschaftsaktivisten für einen Mindestlohn in Höhe von 15 US-Dollar ein und haben dabei immer wieder landesweit Proteste organisiert.
In den letzten Monaten hat das Digitalunternehmen viel schlechte Presse hinnehmen müssen. Journalistische Recherchen hatten gezeigt, das Mitarbeiter teilweise in Flaschen urinieren mussten, um Arbeitsanforderungen nachkommen zu können. Eine Guardian-Recherche zeigte, wie Mitarbeiter nach Arbeitsunfällen obdachlos wurden. Das Nachrichtenportal Gizmodo hatte letzte Woche Auszüge eines internen Trainingsvideos für Manager bei der Amazon Tocher Whole Foods veröffentlicht. Dort wird erklärt, wie man gegen gewerkschaftliche Organisierung im Betrieb vorgehen kann. Bei der Supermarktkette, die hochwertige Lebensmittel verkauft, versuchen Aktivisten derzeit, die Beschäftigten zu organisieren.
»Amazon hat nicht aus Zufall die symbolischen 15 US-Dollar gewählt. Politischer Druck kann unsere Löhne ändern, der Fall Amazon ist eine gute Erinnerung daran«, erklärte der Ökonom Ben Zipperer vom Economic Policy Institute gegenüber dem Tech-Magazin »Wired«. Der Grund für die Anhebung der Löhne bei Amazon dürfte aber auch am Zustand des amerikanischen Arbeitsmarkt liegen.
Derzeit herrscht in den USA mit einer Arbeitslosigkeit von teilweise unter vier Prozent fast Vollbeschäftigung und Amazon konkurriert mit anderen Arbeitgebern wie Walmart um Arbeitskräfte. In diesem Jahr hatte der Supermarktriese - ein scharfer US-Konkurrent von Amazon - seinen Mindestlohn von neun auf elf Dollar angehoben. Für das Weihnachtsgeschäft muss Amazon nun 100.000 Zeitarbeiter finden.
In Deutschland streitet Amazon seit Jahren mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di über einen Tarif für die Mitarbeiter der Logistikzentren. Ein Sprecher von Amazon Deutschland sagte der Zeitung »Welt«, man werde in allen Ländern außer den Vereinigten Staaten und Großbritannien, wo der Mindestlohn ebenfalls erhöht wurde, die Situation weiter prüfen. 15 Dollar entsprechen aktuell 12,94 Euro. Mit Agenturen
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