Urteil zum Wurstkartell: Millionenbuße

  • Claus Haffert
  • Lesedauer: 2 Min.

Im Verfahren um das sogenannte Wurstkartell hat das Oberlandesgericht Düsseldorf das westfälische Familienunternehmen Wiltmann zu einer Geldbuße von 6,5 Millionen Euro verurteilt. Wiltmann habe zwölf Jahren lang mit rund 20 anderen Herstellern wettbewerbswidrige Preiserhöhungen abgestimmt, entschied der 6. Kartellsenat des Gerichts am Dienstag. Ein persönlich haftender Gesellschafter und damaliger Geschäftsführer der Fleischwarenfirma wurde zu einem Bußgeld von 350 000 Euro verurteilt.

Das Verfahren hatte nach einer anonymen Anzeige als einer der großen Kartellskandale in Deutschland begonnen. Gegen 22 Wursthersteller, darunter viele bekannte Namen aus den Supermarktregalen und Wursttheken, verhängte das Bundeskartellamt schließlich 2014 wegen illegaler Preisabsprachen Geldbußen in Höhe von insgesamt 338 Millionen Euro. In der Staatskasse angekommen ist aber nicht einmal ein Drittel der Summe.

Denn einige Große der Branche, wie der Fleischunternehmer Clemens Tönnies, hatten ein Schlupfloch gefunden, das als »Wurstlücke« bekannt geworden ist. Sie lösten die von den Geldbußen betroffenen Tochterfirmen kurzerhand auf, übertrugen das Vermögen der Firma auf andere Gesellschaften und kamen so ungeschoren davon. Das Bundeskartellamt musste die Verfahren gegen fünf Hersteller einstellen, Bußgeldbescheide in Höhe von insgesamt 238 Millionen Euro lösten sich in Luft auf.

Wiltmann hat sich als einziger Beschuldigter bis zu einem Urteil gegen die Geldbuße gewehrt und Freispruch beantragt. Jetzt prüft der Wiltmann-Gesellschafter eine Beschwerde beim Bundesgerichtshof. Die übrigen Firmen hatten die Bußgeldbescheide akzeptiert oder eine Einstellung des Verfahrens erreicht.

Die Wurstfabrikanten befänden sich in einer »Sandwich-Position«, griff der Vorsitzende Richter Ulrich Egger in seiner Urteilsbegründung zu einem für die Branche passenden Bild. Sie seien eingeklemmt zwischen den großen Fleischkonzernen auf der einen und »den Einzelhandelsketten mit ihrer besonderen Marktmacht« auf der anderen Seite.

Preisabsprachen seien in der überschaubaren Branche - »eine kleine Familie«, so Eggert - seit langem üblich gewesen. »Das Kartell war auf Dauer angelegt«, sagte der Richter. Wiltmann sei »Teil des Absprachesystems« gewesen. Wenn Schweine- und Geflügelfleisch teurer geworden seien, hätten sich die Geschäftsführer der am Kartell beteiligten Firmen meist am Telefon über Zeitpunkt und Bandbreite der Preiserhöhungen für Dauerwurst, Knacker und Schinken verständigt. »Es wurde auch festgelegt, wer aus taktischen Gründen Vorreiter sein sollte«, stellte Eggert fest.

Mittlerweile wurde das Gesetz geändert. Konzernmütter müssen jetzt für Verfehlungen ihrer Töchter einstehen. Die Chefs der durch die »Wurstlücke« geschlüpften Firmen werden möglicherweise noch zur Kasse gebeten. Das Kartellamt hatte auch gegen sie Bußgelder verhängt. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -