- Brandenburg
- Kindertagesstätten
Befremden über AWO-Kita auf Mallorca
Arbeiterwohlfahrt irritiert mit Kindertagesstätte
Ein strahlend blauer Himmel prangt über dem Sonnendach, unter dem Mädchen und Jungen im Kindergartenalter fröhlich spielen, beäugt von einer Besuchergruppe aus Deutschland. Mit diesem netten Foto und einem nicht minder netten Bericht in der Vereinszeitung hatte die Arbeiterwohlfahrt ihre Mitglieder in Mecklenburg-Vorpommern im Sommer 2016 über ein neues, bereits laufendes Objekt informiert: die Kindertagesstätte des AWO-Kreisverbandes Schwerin-Parchim auf Mallorca.
»Einige werden sich fragen, wie kommen wir zu einer Kita auf Mallorca?«, so stand es in besagtem Blatt - und auch die Antwort: »Nun, gesucht haben wir nicht danach, es hat sich vielmehr irgendwie zufällig ergeben.« Beim AWO-Bundesverband in Berlin war das seinerzeit offenbar nicht gelesen worden, denn dort erfuhr man erst vor wenigen Tagen durch einen Bericht des NDR von der Existenz der Kita und will nun geklärt wissen, worin das Interesse des Kreisverbandes am Gründen jener Tagesstätte bestand.
»Hat sich irgendwie zufällig ergeben« - das dürfte die Zentrale kaum zufriedenstellen. Sie hat den AWO-Landesverband im Nordosten um »eine Untersuchung« gebeten. In einer Stellungnahme des Vorsitzenden des Kreisverbandes, Bernd Sievers, heißt es, dass zu den AWO-Aufgaben auch Auslandsprojekte im Sinne humanitärer Hilfe gehören. »Soziale Notwendigkeit« sieht Sievers durch die »sehr hohe« Jugendarbeitslosigkeit auf Mallorca gegeben. Diesem Problem widme sich die Arbeiterwohlfahrt unter anderem im Bereich der Kindertagesbetreuung. Ein wesentlicher Aspekt dabei sei die Gewinnung von Fachkräften. Das sieht der AWO-Bundesverband mit Skepsis. Er könne den Zusammenhang von Kita-Betrieb und Fachkräftegewinnung »nicht nachvollziehen«.
Kritik an der »Malle-Kita« kommt auch aus der Politik: Sebastian Ehlers, Landtagsabgeordneter und Obmann der CDU im Untersuchungsausschuss Wohlfahrtsverbände, kritisiert, dass die Kita auf Mallorca offenbar aus Rücklagen des AWO-Kreisverbandes finanziert wurde, während die Kindergärten in Schwerin zum Teil erst jetzt saniert würden und gleichzeitig die Elternbeiträge stiegen. »Der Schluss liegt nahe, dass die AWO-Kitas in Schwerin direkt unter pädagogischen Experimenten im Mittelmeer zu leiden haben.« Karen Larisch, Obfrau der LINKEN im selben Gremium, hat die Koalitionsfraktionen SPD und CDU aufgefordert, den Untersuchungsauftrag des Ausschusses »auf alle Kreisverbände der Wohlfahrtspflege zu erweitern«.
Zu den finanziellen Aspekten der Kita erklärte AWO-Vorstand Sievers in seiner aktuellen Stellungnahme, dass weder Spenden noch Fördermittel von Ministerien oder Kommunen für das Projekt eingesetzt worden seien. Dass keine öffentliche Gelder geflossen sind, hat das Sozialministerium bestätigt. Laut Sievers hat der Verband für die Tagesstätte ein Darlehen der Deutschen Kreditbank über 400 000 Euro aufgenommen sowie 162 500 Euro aus Eigenmitteln zum Erwerb des Grundstücks investiert.
Personal- und Betriebskosten würden ausschließlich aus den Elternbeiträgen vor Ort bezahlt. Zwei Arbeitstreffen des Verbandsvorstandes auf Mallorca, bei denen 2016 und 2018 das Konzept der Kita erörtert wurden, sind laut Bernd Sievers »nach dem Prinzip der Sparsamkeit« ausgerichtet worden. Das gelte auch für jährliche Besuche des Verbands-Geschäftsführers in der Kita.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.