Angst vor Privatisierung
In Griechenland streiken die Wärter von Kulturstätten
Orte wie die Athener Akropolis blieben für den Besucherverkehr geschlossen. Aus Protest gegen die drohende Privatisierung von Museen, Denkmälern und Ausgrabungsstätten in Griechenland hatten Museumswärter am Donnerstag einen Tag lang die Arbeit niedergelegt. Namhafte historische Gebäude und Stätten stehen derzeit auf einer Liste des Privatisierungsfonds HRADF, der staatliches Vermögen verkaufen soll. Er wurde im Zuge der griechischen Staatsschuldenkrise eingerichtet. »Ist die Akropolis als Nächstes dran?«, skandierte die Gewerkschaft der Wärter archäologischer Stätten und Museen, als im September bekannt wurde, dass über 10 100 Liegenschaften dem Privatisierungsfonds übergeben worden sind, darunter nicht fertig erforschte archäologische Grabungsstellen. Die meisten befinden sich auf Kreta.
Seit Bekanntwerden der Liste versuchen die Behörden zu beschwichtigen: Das Finanzministerium erklärte, ein »Listenplatz« führe nicht automatisch zum Verkauf. Dennoch räumte der HRADF Datenfehler und die Kulturministerin die Übertragung ein. Vorher nichtkatalogisiertes Land wurde durch das Katasteramt kodifiziert, die Daten seien dann fehlinterpretiert worden, heißt es. Basierend auf Regierungsangaben über Staatsvermögen sei die Aufstellung in Eile, zwei Tage vor einer Eurogruppensitzung entstanden, so die Zeitung »Efsyn«. Die Übertragung des Eigentums war indes eine von 88 Bedingungen für die vierte, letztlich erfolgreiche Abschlussbewertung des dritten Kreditprogramms. Nun sollen die Daten zwar korrigiert werden, doch Archäologen trauen dieser Absichtserklärung nicht recht.
Problematisch ist nicht nur, dass bedeutende Kulturgüter nicht herausgefiltert worden sind, sondern dass überhaupt eine Übersicht »schützenswerter« Kulturorte in Griechenland fehlt. »Sie gehören dem Staat und stehen nicht zum Verkauf«, bekräftigte der griechische Archäologenverband. Zwar sind Altertümer, Strände und Naturgebiete gesetzlich vor Verpachtung oder Verkauf geschützt, dennoch verkaufte die Regierung unter Nea Dimokratia im Jahr 2014 28, teils historische Gebäude. Einige werden von den Behörden heute gegen eine jährliche Miete von 2,5 Millionen Euro genutzt. »Griechenland muss seinen kulturellen Reichtum, der ein wesentlicher Faktor für den Tourismus ist, in der eigenen Hand behalten«, sagte Gregor Gysi, Präsident der Europäischen Linken und Vorsitzender der deutsch-griechischen Parlamentariergruppe, gegenüber »nd«.
Einige Grundstücke wurden seit 2016 wieder verstaatlicht. Doch das ist ein schwacher Trost für die Streikenden: Sie verlangen eine klare Festlegung der Kulturgüter und Orte, deren Privatisierung verboten ist.
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