Ein Schein schafft keine Wohnung
Seit November 2017 hat Dresden mit der »WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co. KG« wieder eine eigene Wohnungsgesellschaft. In jenem Monat genehmigte die Landesdirektion Sachsen die Gründung der Gesellschaft, die zuvor im März 2017 mit der Mehrheit von LINKE, Grünen, SPD und Piraten im Stadtrat beschlossen und im September bei einem Notar formal vollzogen worden war. Zuvor hatte die Stadt seit dem im Jahr 2006 erfolgten Verkauf der städtischen Gesellschaft Woba mit ihren 48 000 Wohnungen praktisch keinen eigenen Wohnungsbestand mehr besessen.
Dass dennoch Wohnraum für sozial Bedürftige zur Verfügung steht, liegt in einer Vereinbarung, die beim Verkauf getroffen und im Zuge eines späteren gerichtlichen Vergleichs mit dem Käufer noch verbessert wurde. Der Stadt wurden Belegungsrechte für 10 000 Wohnungen in den früheren Beständen der Woba eingeräumt, die seit dem Verkauf an den US-amerikanischen Finanzinvestor Fortress mehrfach den Besitzer wechselten, zwischenzeitlich vom Gagfah-Konzern bewirtschaftet wurden und heute zum Immobilienunternehmen Vonovia gehören.
10 000 Belegungsrechte - das klingt viel. Allerdings würden in Dresden schon jetzt doppelt so viele benötigt. Mittelfristig werde die Zahl wegen der wachsenden Bevölkerung sogar auf 25 000 steigen, heißt es in der Verwaltung. Zugleich muss die Vereinbarung zu den Belegungsrechten im Jahr 2026 mit dem heutigen Eigentümer Vonovia neu ausgehandelt werden, sagt Sozialbürgermeisterin Kris Kaufmann (LINKE); zehn Jahre später läuft sie definitiv aus. Bereits ab dem kommenden Jahr will die Stadt deshalb Belegungsrechte auch bei anderen Vermietern ankaufen. Das werde, sagt die LINKE-Politikerin, »eine durchaus teure Angelegenheit«.
In der Stadt fehlen indes nicht nur Wohnungen für Bezieher von Sozialleistungen, bei denen die Stadt die Kosten der Unterkunft übernimmt. Ein Mangel besteht auch bei preiswerten Wohnungen, die Inhabern von Wohnberechtigungsscheinen vorbehalten sind. Das betrifft derzeit etwa 54 500 Haushalte. Das Land hat im Sommer 2918 die Einkommensgrenze angepasst. Hintergrund ist, dass steigende Mieten immer mehr Menschen an ihre finanziellen Grenzen bringen. Bei einer Erhöhung um zehn Prozent könnten 67 700 Haushalte einen WBS beantragen. Wie hoch die Zahl bei einer Erhöhung um 15 Prozent läge, wie sie der Erlass des Innenministeriums vorsieht, ist offen; dafür lägen noch keine Analysen vor, sagt Kaufmann. Sie fügt aber vorsorglich hinzu, dass ein »entsprechendes Angebot an WBS-fähigem Wohnraum« in der Landeshauptstadt derzeit »nicht gegeben« sei.
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