Mehr Konsum, weniger Tote
Der jährliche Bericht der Bundesregierung zu Gebrauch und Wirkungen von Drogen sieht auch neue Raucherprodukte im Trend
Berlin. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, spricht sich gegen eine Legalisierung von Cannabis aus. Dies könne nicht die Antwort auf die Probleme sein, sagte sie am Donnerstag bei der Vorstellung des Drogen- und Suchtberichts 2018 in Berlin. Statt über »freies Kiffen für alle« zu diskutieren, müsse man sich vielmehr mit den gesundheitlichen Folgen des Drogenkonsums auseinandersetzen. Das heutige Cannabis habe nichts mehr zu tun mit dem vor 20 Jahren, betonte sie. Es sei viel stärker geworden.
Laut Mortler steigt der Konsum von Cannabis bei jungen Menschen seit 2011 leicht an. So hätten zuletzt knapp sieben Prozent der Jugendlichen und knapp 19 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren in Umfragen zur Häufigkeit ihres Konsums angegeben, in den vergangenen zwölf Monaten Cannabis konsumiert zu haben. Rund 1,5 Prozent der Jugendlichen und mehr als fünf Prozent der jungen Erwachsenen bekannten sich laut Bericht zum regelmäßigen Konsum.
Die Studie verweist auch auf den steigenden Gehalt des Cannabis-Wirkstoffs THC: Demnach lag der Medianwert für Haschisch im Jahr 1996 noch bei knapp fünf Prozent. 2017 lag er bei knapp 15 Prozent. Bei Marihuana seien es 1996 knapp fünf Prozent und 2017 mehr als 13 Prozent gewesen. Die Legalisierung von Cannabis in Kanada hat in Deutschland eine neue Diskussion entfacht.
Mortler mahnte bei der Vorstellung des Berichtes jedoch vor allem eine stärkere Vorbeugung gegen übermäßigen Konsum von Alkohol und neuen Raucherprodukten an. Bei Elektrozigaretten oder Wasserpfeifen gebe es »einen klaren Aufwärtstrend - sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen«, sagte Mortler.
»Auch Alkohol wird in Deutschland noch deutlich zu viel und vor allem viel zu gedankenlos getrunken.« Dies gelte es zu ändern, denn für viele Menschen bedeute Alkohol ein echtes Problem. Jeder sechste Mensch in Deutschland trinke Alkohol »in einem gesundheitlich schädlichen Ausmaß«, erklärte Mortler. Der Bericht der Bundesregierung warnte vor hohen gesellschaftlichen Folgekosten durch Alkoholkonsum. Der Schaden belaufe sich auf knapp 40 Milliarden Euro pro Jahr. Durch Alkoholmissbrauch werden nahezu alle Organe des Körpers geschädigt. Zu den Folgen gehören Karzinome im oberen Verdauungstrakt, an der Luftröhre sowie die bekannte Leberzirrhose mit anschließenden Krebserkrankungen an diesem Organ, außerdem die chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung. Das Versagen der Leber beim Abbau von Alkohol führt dazu, dass auch die übliche Entgiftung des Körpers nicht mehr funktioniert. Die Leberzirrhose kann zur Folge haben, dass Krampfadern in der Speiseröhre entstehen, die zu Blutungen führen. Diese sind besonders gefährlich, wenn schon eine Gerinnungsstörung in Folge der Leberzirrhose aufgetreten ist. In 30 Prozent der Fälle verlaufen die Blutungen tödlich, sie gelten als typische Todesursache von Alkoholkranken. Nach Schätzungen werden in Deutschland etwa 74 000 Todesfälle jährlich durch riskanten Alkoholkonsum oder durch kombinierten Konsum von Alkohol und Tabak verursacht.
Die Zahl der Drogentoten in Deutschland sank im vergangenen Jahr erstmals seit längerem wieder leicht auf 1272, wie bereits zuvor mitgeteilt worden war. Hauptursache für einen Drogentod sind nach wie vor Überdosierungen von Opioiden wie Heroin und Morphin. Mit Sorge beobachten Fachleute zudem eine immer größere Palette neuer, meist synthetischer Wirkstoffe, die teils nur schwer zu analysieren sind. Agenturen/nd Kommentar Seite 4
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