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Datenanalyse: Wie Russlands Twitter-Troll-Armee agierte
Analysten: Einflussversuche waren zuerst gegen russische Opposition und dann nach außen gerichtet und nicht immer effektiv
Die mutmaßlich vom russischen Staat gelenkte Trollarmee auf Twitter schoss vor allem und zuerst gegen die Opposition im eigenen Land und war bei späteren internationalen Einflussversuchen offenbar nicht immer sehr effektiv.
Das zeigen erste Analysen eines umfangreichen Datensatzes, der 350 Gigabyte an Daten zu den Twitter-Aktivitäten russischer Twittertrollen enthält. Sie sollen von der staatlichen Internet Research Agency mit Sitz in Moskau gelenkt worden sein. Der Datensatz enthält auch Tweets zu einer wahrscheinlich aus dem Iran lancierten Kampagne und wurde diese Woche von Twitter selbst ins Internet gestellt. Man wolle Transparenz bieten und die Daten der Forschung zugänglich machen, um aus dem Ausland gesteuerte Einflusskampagnen besser zu verstehen, erklärte der Kurznachrichtendienst.
Der Datensatz enthält alle Kurznachrichten von insgesamt 3841 Accounts, hinter denen die staatliche russische Internet Research Agency stecken soll. Insgesamt setzten diese Accounts rund 9 Millionen Kurznachrichten sowie über 2 Millionen Bilder und Videos ab. Die ältesten Einträge stammen aus dem Jahr 2009. Dieses riesige Archiv ist nun öffentlich zugänglich.
Forscher*innen des US-amerikanischen Think Tanks Atlantic Council Digital Forensic Research Lab hatten bereits vorab Zugang zu den Daten und haben eine erste Analyse veröffentlicht. Deutlich intensiver in der Anzahl der Tweets und zeitlich vorgelagert hätte sich die staatliche gelenkte Twitterarmee im eigenen Land auf die Opposition gestürzt.
Bei den meisten internationalen Aktivitäten der Trollarmee sei es demnach weniger darum gegangen, direkt Meinungen im Ausland zu beeinflussen, sondern in erster Linie um die Vertretung nationaler Interessen Russlands. Es sollten Argumente gestärkt werden, die dem Land geopolitisch nutzen. Vor allem vor wichtigen Entscheidungen wie vor den Wahlen in den USA oder vor der Brexit-Entscheidung in Großbritannien seien die Aktivitäten der Trolle stark angestiegen.
»Die effektivsten russischen Trolle nutzten genau jene Techniken, mit denen Online-Aktivisten arbeiten und mit denen eine große Zahl an Interaktionen erreicht wird«, kommentierte das Atlantic Council. Die amerikanischen Forscher*innen konnten ebenso herausfinden, dass die Troll-Armee kein konsistentes Weltbild vertreten, sondern allgemein versuchen, Unruhe zu stiften und die jeweilige Gesellschaft zu spalten. Wenn es die Möglichkeit gab, befeuerten die russischen Trolle in einem Konflikt auch beide Seiten. Streit, Unruhe und Instabilität als Selbstzweck.
Vor wenigen Wochen veröffentlichte die US-amerikanische Sicherheitsfirma FireEye darüber hinaus Daten von weiteren 770 Twitter-Accounts, die dem Iran zugeschrieben werden. Mit diesen Accounts wurde vor allem versucht durch mehrsprachige Tweets die Sichtweisen und Standpunkte des Regimes in Teheran zu verteidigen und zu verbreiten. Im Gegensatz zu den Accounts aus Russland sei die iranische Kampagne aber deutlich weniger erfolgreich gewesen.
Durch den nun veröffentlichten Datensatz seien keine Rückschlüsse auf neue Kampagnen möglich, jedoch kann man sich nun ein genaueres Bild über die Aktivitäten der Trolle machen, so die Begründung der Veröffentlichung der Accounts durch Twitter.
Laut Recherchen des unabhängigen Datenanalysten Luca Hammer in dem nun veröffentlichten Datensatz sind die russischen Trolle wohl auch in Deutschland aktiv geworden. Hammer fand rund 1000 Profile, die knapp 100.000 Tweets auf Deutsch verfasst haben. Es gab auch Einflussversuche auf die Bundestagswahl 2017. Dabei wurden Positionen der rechtsextremen AfD unterstützt, gleichzeitig wurde in anderen Tweets Angela Merkel verteidigt, wie Ray Serrateo, Social Media Analyst der Vereinten Nationen, schreibt. Die Kampagne in Deutschland vor und am Tag der Bundestagswahl sei aber nicht so intensiv gewesen, wie die in den USA. Der Effekt dieser Kampagne sei vermutlich marginal, meint auch Hammer. Auch gab es offenbar keine konkrete Strategie – im Gegensatz zu den USA.
Während des US-Wahlkampfes 2016 zwischen Hillary Clinton und Donald Trump setzte Russland laut Erkenntnissen von US-Geheimdienstkreisen, Sicherheitsexperten und den Betreibern sozialer Medien wie Twitter und Facebook gezielt Internet-Trolle und auch Hackerangriffe ein, um die US-amerikanische Bevölkerung zu beeinflussen. Wie groß ihr Einfluss tatsächlich war und wie effektiv sie agierten, ist aber unklar. Der nun veröffentliche Datensatz bietet weitere Indizien dazu. Die Trolle schrieben Tweets zu kontroversen politischen Themen und versuchten damit, Spaltungstendenzen zu nutzen und zu vergrößern.
In den Vereinigten Staaten wird seit Monaten über eine mögliche Beeinflussung der Präsidentschaftswahlen 2016 gestritten. Nun wird auch über russische Einflusskampagnen zu den Midterm-Wahlen diskutiert. Doch zumindest Facebook ist in den letzten Monaten - auch weil der US Kongress Druck auf das soziale Netzwerk macht - aktiver geworden und hatte vermeintlich von außen gesteuerte Facebook-Seiten gelöscht. Opfer der Löschaktionen wurden aber auch Antifaschisten und linke Aktivisten. Im Oktober meldete Facebook, 800 US-Accounts gelöscht zu haben, die als Spam eingeschätzt wurden.
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