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Trumps Verdienste
Was der US-Präsident den »hart arbeitenden Amerikanern« gebracht hat.
Als Donald Trump sein Amt antrat, versprach er den Amerikanern Schutz - Schutz vor der heimischen Elite, die das Volk verraten habe, Schutz vor dem Ausland, an das es verkauft worden sei. Er werde Jobs zurückbringen, sagte der neue Präsident, und das »Blutbad« in der Wirtschaft beenden. Angesichts der Zwischenwahlen in den USA steht die Frage an: Hat Trump geliefert? Was hat er den »hart arbeitenden Amerikanern« gebracht?
Zu Trumps Amtsantritt hatte die US-Wirtschaft bereits einen jahrelangen Aufschwung hinter sich. Die Arbeitslosigkeit war seit der Finanzkrise 2007/2008 von zehn auf 4,5 Prozent gesunken, Unternehmensgewinne und Börsenkurse hatten sich vervielfacht.
Profiteure waren jedoch vor allem die Wohlhabenden. Über die Hälfte der Einkommenszuwächse war an die reichsten zehn Prozent der Haushalte gegangen. Gleichzeitig lag ein Viertel aller Arbeitnehmer mit ihrem Verdienst unterhalb der Armutsgrenze. Im Durchschnitt waren die Löhne trotz jahrelangem Boom und sinkender Arbeitslosigkeit kaum gestiegen - ein Rätsel, das sich wohl dem extrem flexiblen Arbeitsmarkt und den in der Privatwirtschaft quasi inexistenten Gewerkschaften verdankte.
Wirtschaftspolitisch trat Trump an zwei Fronten an. Erstens überzog er die Welt mit einem Handelskrieg, erließ weiträumig Strafzölle, um so die Erträge des globalen Geschäfts in die USA zu verschieben. Was die Amerikaner davon haben, ist noch nicht klar. Denn Trumps Krieg läuft noch. Zudem sind die weltweiten Produktions- und Lieferketten so komplex, dass unsicher ist, welche Folgen die Neuordnung des Handels haben wird. Vielleicht werden Jobs wieder in die USA verlagert. Vielleicht aber auch bezahlen die Amerikaner Trumps Politik mit höheren Warenpreisen. Denn Zölle und die Produktion in den teureren USA machen Güter für Verbraucher kostspieliger.
Deutlich sind jedoch bereits die Folgen von Trumps zweitem wirtschaftspolitischen Großprojekt: der Steuerreform, mit der die Einkommens- und vor allem die Unternehmenssteuern zum Teil stark gesenkt wurden. In Kombination mit Milliardenausgaben für Infrastruktur und Militär reißt die Steuerreform gigantische Löcher in den Staatshaushalt. Die Neuverschuldung liegt dieses Jahr bei 800 Milliarden Dollar, 17 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch in den nächsten Jahren wird das Defizit weiter wachsen. Das sind die Kosten.
Die Erträge bestehen vor allem in drastisch steigenden Unternehmensgewinnen. Allein im dritten Quartal 2018 legen die Profite der 500 größten US-Aktiengesellschaften um 30 Prozent zu, prognostiziert die US-Bank J.P. Morgan. Das treibt die Börsen auf immer neue Rekorde. Einen weiteren Schub erhalten die Kurse, weil die Konzerne einen großen Teil ihrer Gewinne dazu verwenden, eigene Aktien an der Börse zurückzukaufen, um ihren Aktienkurs zu stützen. In den vergangenen zwölf Monaten wurden Aktienrückkäufe über rund eine Billion Dollar angekündigt. »Aktienmarkt gestern 400 Punkte rauf«, jubelte Trump am Mittwoch über Twitter, »Unternehmensgewinne sind großartig!«
Vom Boom profitieren jedoch nur wenige. Nach Berechnungen des Ökonomen Edward N. Wolff von der New York University gehört fast der gesamte Aktienreichtum des Landes - 85 Prozent - dem reichsten Zehntel der US-Haushalte.
Zwar trat Trump gegen die »Elite« und im Namen der »Vergessenen« der amerikanischen Gesellschaft an. Doch seine Steuerreform kommt vor allem den Wohlhabenden zugute. Das Tax Policy Center errechnet: Im laufenden Jahr beschert die Reform dem reichsten ein Prozent der Amerikaner - hierzu zählt man ab einem Jahreseinkommen von 733.000 Dollar - eine Zusatzeinnahme von über 50.000 Dollar. Ein typischer Mittelschichtshaushalt erhält dagegen nur 930 Dollar. Das ärmste Fünftel muss sich mit 60 Extra-Dollar begnügen. Sogar die Ratingagentur Moody’s warnte, Trumps Steuerreform »trägt zu einer Ausweitung der Ungleichheit und Vermögenskonzentration bei«, was zu »wachsenden sozialen Spannungen führen« könne.
Einerseits hat Trump sein Versprechen wahr gemacht: Fast alle Haushalte profitieren. Nur eben nicht gleich stark. Die Amerikaner könnten dennoch Trump die Stange halten, schreibt Stephanie Kelton auf dem Finanznachrichtendienst Bloomberg, »denn ein wenig zu bekommen, wie wenig auch immer, ist besser als nichts«.
Sollten die Republikaner gestärkt aus den Zwischenwahlen hervorgehen, kommen auf die weniger reichen Amerikaner noch harte Zeiten zu. Denn Trump hat bereits neue Steuersenkungen für Unternehmen und Wohlhabende versprochen. Das bedeutet neue Staatsschulden. Die Republikaner haben auch schon eine Idee wie die Haushaltslöcher zu stopfen sind: Kürzungen bei den Sozialleistungen für Alte, Kranke und Arme. »Die wirklichen Treiber der Schulden«, sagte diese Woche der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, »sind die Ausgaben für soziale Sicherheit, Medicare und Medicaid«, die Gesundheitsprogramme für Ältere und Arme.
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