• Politik
  • Chef des Verfassungsschutzes

Maaßen in den einstweiligen Ruhestand versetzt

Verfassungschutzpräsidenten sieht sich als Opfer einer »linksradikalen« Verschwörung

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen verliert sein Amt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte am Montag, er habe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gebeten, Maaßen in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Bis zur förmlichen Entscheidung des Bundespräsidenten sei er von seinen Aufgaben entbunden, erklärte Seehofer. Maaßens bisheriger Stellvertreter Thomas Haldenwang soll vorläufig seine Aufgaben übernehmen, bis zeitnah im Kabinett über die Nachfolge entschieden werde.

Grund für die Entscheidung war eine Rede Maaßens vor internationalem Geheimdienst-Publikum, in der er von teilweise linksradikalen Kräften bei den Sozialdemokraten gesprochen hatte. Sich selbst bezeichnete er als Kritiker einer »naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik«. Seehofer nannte dies eine »Grenzüberschreitung«. Natürlich sei er in diesem Zusammenhang auch »ein Stück weit menschlich enttäuscht«, sagte er. »Vor diesem Hintergrund ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von ihm mit mir, aber auch mit allen Beteiligten in welcher Funktion auch immer nicht mehr möglich.« Die Entscheidung sei auch als Signal zu verstehen, die »sachorientierte Arbeit der Koalition zu unterstützen und voranzutreiben«.

Maaßen war im Sommer wegen eines Interviews in die Kritik geraten, in dem er die Echtheit eines Videos zu den rechten Ausschreitungen in Chemnitz vom August angezweifelt und bestritten hatte, dass es dort Hetzjagden gab. Auch seine Kontakte zu AfD-Politikern hatten für Irritationen gesorgt.

Die Große Koalition aus Union und SPD stritten wochenlang über Maaßen Zukunft. Nach einer anfänglich geplanten Beförderung zum Staatssekretär wurde letztlich vereinbart, dass er als Sonderberater für europäische und internationale Fragen ins Bundesinnenministerium wechseln solle. Angesichts der neuen Äußerungen soll er nun aber offenbar in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.

»Nicht ohne Grund haben wir vor Wochen die Entlassung Maaßen wegen seiner ständigen Alleingänge und Querschläger gefordert«, erklärte der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka am Sonntag. Inzwischen sei »offensichtlich auch Herr Seehofer zu dieser Einsicht gekommen«, allerdings »sehr spät«. Das mache auch Seehofer zum »Verlierer«. SPD-Fraktionsvize Eva Högl beklagte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass durch Maaßens »sichtbare Neigung zu rechtspopulistischen Ansichten« viel Vertrauen in das Bundesamt für Verfassungsschutz verloren gegangen sei.

Der Vizefraktionschef der LINKEN, André Hahn, erklärte, Maaßen fehle »offenkundig jegliches Schuldbewusstsein«. »Wer selbst Politik machen will, ist weder als Behördenleiter noch als hochrangiger Ministerialbeamter tragbar.« Bei der Innenausschusssitzung am Mittwoch »sollte sich dann auch Horst Seehofer erklären und am besten gleich mit seinen Hut nehmen, nachdem er Maaßen bis zuletzt in Schutz genommen hatte«. Linksparteichef Bernd Riexinger erklärte auf Twitter: »Kann #Maaßen den Kontakt zu diesen ominösen linken Teilen der Bundesregierung mal herstellen. Wir suchen die schon sehr lange.« Und der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert meint ebenfalls im Kurznachrichtendienst: »Ein gutes Beispiel: Die #SPD sollte endlich wieder stolz darauf sein, von Teilen der politischen Rechten vollen Herzens gehasst zu werden. Von diesen Leuten will ich keinen Applaus.« Agenturen/nd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.