Polnische Unabhängigkeitserklärung
Stephan Fischer über den 11. November in Warschau
Es war nicht nur ein Erinnerungszeichen: Der 11. November mit dem Marsch von geschätzt einer Viertelmillion Menschen in Warschau anlässlich der Erlangung der Unabhängigkeit vor genau 100 Jahren nach 123-jähriger Fremdherrschaft nach drei polnischen Teilungen - er war auch eine Unabhängigkeitserklärung an den Westen Europas.
Deren Spitzen gedachten in Paris des Endes des Großen Krieges, die Betonung lag auf den Millionen Opfern, Frankreichs Präsident Macron geißelte den Nationalismus nicht nur in Richtung Trump als »Verrat«. In Warschau verschwamm genau jene Grenze zwischen Nationalismus und Patriotismus im durch Pyrotechnik erzeugten roten Rauch. Präsident Andrzej Duda und die graue Eminenz der PiS, Jarosław Kaczyński, nahmen an der Demonstration teil, die auch im Kalender von Rechtsextremen aus Polen und ganz Europa mittlerweile fester Termin ist.
Der jährliche Aufmarsch zeigt ein Dilemma: Die EU, der Polen vor allem mit dem Ziel beitreten wollte, sich dem Einfluss Moskaus zu entziehen, war 2004, als der Beitritt vollzogen wurde, längst eine andere: Eine Gemeinschaft, die auf dem Weg immer tiefgreifender Integration nationale Souveränität in vielen Politikfeldern als Auslaufmodell sah. Die Fackeln in den Straßen Warschaus leuchten also auch die schwer zu überwindenden widersprüchlichen Ideen aus, wohin es mit Europa und der EU gehen soll.
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