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Ryanair-Beschäftigte auf dem Weg zum Tarifvertrag
In Sachen Betriebsrat ist hingegen noch keine Entwarnung angesagt
Mit breiter Mehrheit haben die gewerkschaftlich organisierten Ryanairbeschäftigten einem von Unterhändlern der Gewerkschaft ver.di mit dem Management der irischen Billigfluggesellschaft ausgehandelten Eckpunktepapier für einen Tarifvertrag nach deutschem Recht zugestimmt. Über 80 Prozent stimmten für den Vorschlag. Dies bestätigte die zuständige ver.di-Sekretärin Katharina Wesenick am späten Dienstagnachmittag auf «nd»-Anfrage.
Damit ist der Weg frei für ein Tarifvertragswerk mit dem die Einkommen, Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen für rund 1.000 Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern an deutschen Ryanair-Basen geregelt werden sollen. Der Vertrag soll nach dem geplanten, raschen Vertragsabschluss gleichermaßen für Ryanairbeschäftigte wie auch für Leiharbeitskräfte gelten und eine Laufzeit von November 2018 bis Ende März 2021 haben. Das Eckpunktepapier sieht nach ver.di-Angaben eine deutliche Erhöhung des Grundgehaltes und weitere Einkommenserhöhungen vor.
So kann etwa eine für die Berechnung repräsentative Flugbegleiterin, die bislang magere 825 Euro Grundgehalt bezog, künftig mit rund 1.420 Euro und bis 2012 mit rund 1.650 Euro Grundgehalt rechnen. Unter Berücksichtigung von Zulagen- und Flugstundenvergütungen käme sie dann auf rund 2.300 Euro monatlich und damit auf deutlich mehr als bisher. Es sei «ein großer Erfolg, dass für alle Stammbeschäftigten und Leiharbeitskräfte eine sehr deutliche substanzielle Einkommenserhöhung erreicht werden konnte», so ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle.
Zum Vertragswerk gehört auch ein Sozialplan für alle deutschen Ryanairbasen. Dieser sieht bei Schließungen oder einer Reduzierung von Flugzeugen erstmals Abfindungsregelungen vor. Er soll auch für die ehemaligen Beschäftigten, der vor wenigen Tagen geschlossenen Ryanairbasis am Flughafen Bremen gelten.
«Ein ganz besonderer Erfolg ist auch die Umstellung der Verträge auf deutsches Arbeits- und Sozialrecht», freut sich Behle. Dadurch erhielten die Beschäftigten endlich Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall und könnten deutsche Kündigungsschutzregeln beanspruchen«, so Behle weiter.
»Das alles konnte nur durch den besonderen Mut der Beschäftigten erreicht werden, die trotz größter Widrigkeiten und Probleme für ihre Rechte gekämpft haben und verdient die größte Bewunderung«, resümiert die Gewerkschafterin die zurückliegenden Streiks der Betroffenen. Viele von ihnen stammen aus südeuropäischen Krisenländern und finden dort trotz hoher Qualifikation keinen angemessenen Arbeitsplatz. Für die renditehungrigen Ryanairmanager und -eigentümer sind sie unter diesen Umständen ein besonders willkommenes Objekt der Ausbeutung.
Dass dieses anhaltende Auspressen der Arbeitskraft zu Hungerlöhnen seine Grenzen hat, zeigt die Gegenwehr und Organisationskraft, die mit Hilfe von ver.di aufgebaut werden konnte. Doch auch nach der erwarteten Einigung über das Vertragswerk ist aus ver.di-Sicht in der Vorweihnachtszeit noch keine Entwarnung angesagt. Denn Ryanair weigert sich nach wie vor, per Tarifvertrag die Wahl von Betriebsräten anzuerkennen.
Weil Betriebsräte laut Gesetz wichtige Mitbestimmungsrechte haben und auch die Einhaltung von Tarifverträgen überwachen sollen, sind sie dem ruppigen Ryanair-Boss Michael O’Leary offenbar ein Dorn im Auge. Ohne Betriebsrat drohen auch willkürliche Kündigungen. Rechtlicher Vorwand für diese Blockade ist eine Sonderregelung im Betriebsverfassungsgesetz für das fliegende Personal von Airlines, die der Arbeitgeberseite faktisch ein Vetorecht einräumt.
Dort heißt es in § 117 (2): »Für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen kann durch Tarifvertrag eine Vertretung errichtet werden.« Um Abhilfe zu schaffen und den Druck für eine rasche Gesetzesänderung aufzubauen, haben ver.di-Aktivisten in den vergangenen Wochen intensiv Kontakt zum Bundesarbeitsministerium und zu Bundestagsabgeordneten verschiedener Fraktionen geknüpft.
Minister Hubertus Heil (SPD) habe zugesagt, noch vor der Weihnachtspause einen Gesetzentwurf zur Änderung von § 117 (2) und zur Abschaffung der Sonderregelung für das fliegende Personal im Parlament zur Abstimmung vorzulegen, heißt es aus ver.di-Kreisen. Dann könnte das Flugbegleitpersonal notfalls auch gegen den Willen der Geschäftsleitung eine gesetzliche Interessenvertretung wählen. »Wenn das Gesetz geändert ist, dann wählen wir sofort einen starken Betriebsrat«, so Wesenick.
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