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Polizeigesetz bleibt rechtlich fragwürdig
Neuer Entwurf der Landesregierung findet nun aber die Zustimmung der SPD Nordrhein-Westfalens
Das nach bayerischem Vorbild geänderte neue Polizeigesetz war einer der politischen Aufreger im Frühjahr in Nordrhein-Westfalen. Die schwarz-gelbe Landesregierung wollte die Befugnisse der Polizei erheblich ausweiten. Unter anderem sollte der juristische Begriff der »drohenden Gefahr« es der Polizei erlauben, Menschen präventiv für einen Monat in Gewahrsam zu nehmen. Diese und weitere Punkte sorgten für breite Kritik. Die FDP-Altpolitiker Burkhard Hirsch und Gerhart Baum kündigten eine Verfassungsklage an, SPD und Grüne äußerten verfassungsrechtliche Bedenken, über 20.000 Menschen vom Fußball-Ultra bis Umweltorganisation gingen gegen die Gesetzesänderung auf die Straße. Und bei einer Expertenanhörung im Landtag äußerten die meisten Sachverständigen Kritik. Die Expertenanhörung war es dann auch, mit der die Landesregierung begründete, warum sie den Gesetzentwurf nicht länger wie geplant im Juli zur Abstimmung stellen wollte. Man wolle nachbessern, hieß es. Die FDP verkaufte die Rücknahme des Gesetzes als Beweis für ihren Einsatz für Bürgerrechte und zugleich für die Lernfähigkeit der Landesregierung.
Dass eine Expertenanhörung im Gesetzgebungsverfahren für gravierende Änderungen sorgt, kommt äußerst selten vor. Der Rechtswissenschaftler Professor Dr. Clemens Arzt von der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht äußerte sich dankbar, »diese Erfahrung« noch einmal gemacht zu haben, »bevor ich in Rente gehe«. Ein Dank, der von mehreren Sachverständigen zu hören war, die die Neufassung des Gesetzes in großen Teilen nun positiv bewerten. Für Arzt gilt das nicht. Er sieht keinen ausreichenden »Ausgleich« zwischen den Interessen der Polizei und Freiheitsrechten der Bürger. Präventive Maßnahmen würden zu stark ausgeweitet.
Auch mit dem neuen Gesetz soll es bei einer drohenden »terroristischen Gefahr« möglich sein, Menschen für 14 Tage einzusperren, bevor sie eine Tat begehen. Arzt erläutert, die »strafrechtliche Bewertung« stehe eigentlich am Ende eines Gerichtsprozesses. Wenn die Polizei präventiv in Gewahrsam nehmen kann, nehme sie diese Bewertung noch vor einem Anfangsverdacht vor. Bei einem solchen aber könne sie heute schon tätig werden. Außerdem sei die Spannbreite der möglichen Straftaten, die eine 14 tätige Präventivhaft möglich macht, zu groß.
Marie Bröckling, die als Vertreterin von »netzpolitik.org« zur Anhörung geladen war, äußerte sich vor allem zu den neuen Möglichkeiten technischer Überwachung, die das Polizeigesetz vorsieht. Nordrhein-Westfalen möchte einen eigenen »Staatstrojaner«, der verschlüsselte Messenger überwachen können soll. Diese »Quellen-TKÜ« sei ein Problem unter anderem deshalb, weil der Staat dadurch ein Interesse an unsicherer Software bekunde. Damit würden »öffentliche Sicherheit und IT-Sicherheit gegeneinander ausgespielt«. Auch sei nicht klar, wie mit dem Berufsgeheimnis bestimmter geschützter Personengruppen umgegangen werden soll. Viele Anwälte, Journalisten oder auch Seelsorger nutzten ihre Smartphones beruflich wie privat. Es sei nicht geregelt, wann der Staatstrojaner ausgeschaltet wird.
Verena Schäffer, Innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, fasst die aus ihrer Sicht weiter notwendige Kritik an dem Gesetzentwurf zusammen: »Die Neufassung der Gefährder-Definition wurde aus unserer Sicht zu Recht kritisiert, da die Voraussetzungen für tiefe Grundrechtseingriffe durch die Polizei weiterhin weit ins Vorfeld verlagert werden sollen. Bei der Quellen-TKÜ wurde deutlich, dass es derzeit keinen Staatstrojaner gibt, der den rechtlichen Ansprüchen genügt. Unsere rechtsstaatliche Kritik an den Verschärfungen des Polizeigesetzes bleibt daher bestehen.« Mit ihrer Kritik stehen die Grünen im Landtag allerdings weitgehend alleine da. Die oppositionelle SPD hat ihre Zustimmung zur Neufassung schon signalisiert, sie war von CDU und FDP in die Überarbeitung des Entwurfs einbezogen worden.
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