In eins verbunden - mit Rechtsextremisten?

Neuerlicher Verdacht: In der Bundeswehr und unter Ex-Soldaten gibt es rechtsextremistische Netzwerke

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Wochenende berichten zwei höchst unterschiedliche Medien über Hinweise auf rechtsextremistische Netzwerke in der Bundeswehr. Sie sollen Planungen für einen Tag X betreiben und nicht vor Morden an politischen Gegnern zurückschrecken. In Verdacht geraten ist ein Ex-Soldat des Kommandos Spezialkräfte (KSK), der auch führendes Mitglied in einem Verein ist, der sich UNITER (In eins verbunden) nennt und ein Schwert samt Eichenlaub im Wappen trägt.

Der eingetragene Verein ist nach eigenem Bekunden »selbstlos tätig und verfolgt ausschließlich und mittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke«. Weshalb er auch zutiefst empört reagiert auf Vorwürfe, etwas mit Rechtsextremisten oder Angehörigen der sogenannten Prepper-Szene zu tun zu haben: »Der aktuellen Berichterstattung der politisch linksextrem oder zumindest linksorientiert einzuordnenden Presse widersprechen wir an dieser Stelle zum wiederholten Male ausdrücklich.« Weiter heißt es: Durch die »Verknüpfung von Fakten und Vermutungen zu unterschiedlichen abgeschlossenen Verfahren, aber auch zu noch laufenden Ermittlungen« werde ein Gesamtbild zur Arbeit UNITERs und zur Person André S. konstruiert, »das nicht den Tatsachen entspricht«.

Was nun sind die Tatsachen, so wie sie das Magazin »Focus« und die »taz« zusammengetragen haben? Ausgangspunkt für polizeiliche Ermittlungen wie journalistische Recherchen waren Ermittlungen gegen Franco A. vom Jägerbataillon 291 in Illkirch. Der Oberleutnant ließ sich 2015 als angeblicher Asylbewerber registrieren und soll sich - laut Bundesanwaltschaft - Waffen und Sprengstoff besorgt haben sowie eine Tiefgarage als möglichen Tatort ausgekundschaftet haben. Es ist völlig offen, wann das Verfahren gegen ihn eröffnet wird. A. war vor knapp einem Jahr aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

Schon während der Ermittlungen war der Verdacht aufgekommen, A. habe zu einem rechtsextremen Netzwerk von Soldaten gehört. Bundesverteidigungsminister Ursula von der Leyen (CDU) reagierte umgehend, wollte weiteren Vorfällen vorbeugen, ließ Wehrmachtsdevotionalien aus den Kasernen schaffen und nicht zulassen, dass »aus falsch verstandenem Korpsgeist« über Verfehlungen, wie sie schon in As. Studienarbeit zu erkennen waren, hinweg gesehen wird.

Obwohl rund ein Viertel der rund 1500 MAD-Mitarbeiter zur Abwehr von Extremisten in der Truppe abgestellt sind, unternahm der Geheimdienst nichts. Außer dass ein MAD-Mann die Ermittlungen des Bundeskriminalamtes behinderte. Am 15. September 2017 rückten BKA-Beamte zur Durchsuchung in die Bundeswehr-Kaserne in Calw ein. Dort ist das weltweit geheim operierende KSK stationiert. Franco A. soll mit Eliteleuten in Kontakt gestanden haben. Doch offenbar war die Aktion ein Fehlschlag. Weil MAD-Oberstleutnant Peter W. zuvor mutmaßlich entsprechende Informationen an eine seiner Kontaktpersonen, den 33-jährigen KSK-Ausbilder André S., weitergegeben hatte.

S. gehört zu den Gründungs- und Vorstandsmitgliedern von UNITER. Der Verein hat um die 18 000 Mitglieder, darunter zahlreiche aktive und ehemalige Soldaten, Polizisten und Mitarbeiter anderer Behörden. Mit der Prepper-Szene sei der Verein nicht in Verbindung zu bringen, behauptet der Vorstand. Doch allein das sogenannte Desaster Management »Run - Hide - Fight« des militärisch straff organisierten UNITER-Vereins, der sogar eigene Orden vergibt, ist für Prepper eine solide Weiterbildung.

Der Begriff leitet sich aus dem Englischen her: be prepared - bereit sein. Prepper bereiten sich auf den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung vor. Ihre Anhänger sind international vernetzt und oft empfänglich für rechtsextremistische Ideologien. Laut »taz« soll KSK-Ausbilder André S. als »Hannibal« sogar Administrator von Prepperchats gewesen sein. In solchen Chats orientierte sich auch Franco A..

Die Geschichte hat politische Weiterungen. In der vergangenen Woche hat MAD-Chef Christof Gramm vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) zwar bestätigt, dass die Staatsanwaltschaft Köln gegen einen MAD-Mann Anklage wegen Geheimnisverrat erhoben hat. Es gehe aber nicht »um rechtsextremistische Bestrebungen und schon gar nicht um Hintergründe im Zusammenhang mit dem Tatverdacht gegen Franco A.«. Grimm behauptete auch, dass die extremistischen Kräfte in der Bundeswehr nicht zugenommen haben, dass es keine gewaltbereiten Rechtsextremisten und somit auch keine Vernetzung solcher Verfassungsfeinde gebe. Auch beim Thema Prepper sah der Geheimdienstchef keinen Handlungsbedarf, denn die Szene sei ja keineswegs eine Bundeswehr spezifische.

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