»Frauen, Leben, Freiheit«: Zehntausende Frauen auf der Straße

Proteste in vielen Städten Europas und auch in Syrien / Kundgebung in Istanbul gewaltsam gestoppt

  • Lesedauer: 3 Min.

Paris. Anlässlich des Internationalen Tags zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sind zehntausende Menschen in mehreren europäischen Ländern gegen sexuelle Gewalt auf die Straße gegangen. Allein in Frankreich beteiligten sich am Samstag nach Angaben der Organisatoren rund 50.000 Demonstranten an den Protesten. Kundgebungen gab es am Wochenende auch in anderen Städten Europas sowie in Syrien. Ein Protestmarsch in Istanbul wurde von der Polizei gewaltsam unterbunden. »Frauen, Leben, Freiheit« riefen die Teilnehmerinnen in Reaktion auf das Vorgehender Sicherheitskräfte.

In Frankreichs Hauptstadt Paris gingen am Samstag 30.000 Demonstranten auf die Straße. Sie riefen Slogans wie »Schnauze voll von Vergewaltigung« oder »Schluss mit der Straflosigkeit für Angreifer«. Auf Spruchbändern hieß es: »Eine Frau ist niemals selbst Schuld an der Gewalt gegen sie«.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte seine Unterstützung für das Anliegen der Frauen: Der Kampf mache täglich Fortschritte, doch habe die Gesellschaft noch einen weiten Weg vor sich - der Kampf gehe alle an, erklärte er auf Twitter. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte, eine humane Gesellschaft dürfe »Gewalt gegen Frauen niemals dulden«. Es sei nötig, das Schweigen zu dem Thema zu brechen, ließ sie am Sonntag über Regierungssprecher Steffen Seibert erklären.

Die Proteste in Frankreich werden von der #NousToutes-Bewegung getragen. Diese wurde im September in Anlehnung an die »MeToo«-Kampagne gegen sexuelle Übergriffe ins Leben gerufen: Damals war die Zahl der angezeigten Fälle sexueller Übergriffe um fast ein Viertel gestiegen. Nach jüngsten Regierungszahlen wurden im vergangenen Jahr in Frankreich rund 225.000 Fälle häuslicher Gewalt gegen Frauen registriert.

Premierminister Edouard Philippe kündigte für Dienstag eine neue Online-Plattform an, auf der rund um die Uhr Fälle von sexueller Gewalt und Sexismus gemeldet werden können. Den Organisatorinnen der »feministischen Flutwelle« reicht dies nicht: Sie fordern deutlich mehr Geld im Kampf gegen das Problem.

In Rom gingen am Samstag rund tausend Menschen trotz heftigen Regens gegen sexuelle Gewalt auf die Straße. Als Symbol für jede der seit Jahresbeginn allein in Italien getöteten Frauen ließen die Demonstranten 106 rosafarbene Luftballons aufsteigen.

In Genf, Athen und Madrid beteiligten sich hunderte meist weibliche Demonstranten an den Kundgebungen. Der Protestmarsch in der spanischen Hauptstadt am Samstagabend wurde von lautem Trommeln begleitet. In vielen Städten gingen die Proteste am Sonntag weiter. In Spanien, darunter in Madrid, Barcelona, Sevilla, Valencia, Bilbao oder Pamplona ging die Zahl der Teilnehmerinnen erneut in die Tausende.

In der türkischen Metropole Istanbul setzte die Polizei am Sonntag Tränengas ein, um einen nicht genehmigten Protestmarsch zu stoppen. Etwa tausend Menschen hatten sich auf der zentralen Istiklal-Straße versammelt, um die Gewalt gegen Frauen anzuprangern. »Wir werden nicht schweigen, wir haben keine Angst, wir werden nicht gehorchen«, riefen die meist weiblichen Demonstranten, bevor sie von den Einsatzkräften auseinandergetrieben wurden.

Auch in den Kurdengebieten im Norden Syriens protestieren hunderte Frauen am Sonntag gegen sexuelle Gewalt. Die Demonstrantinnen in Kamischli hielten Schilder mit der Aufschrift »Kinderehen sind ein Verbrechen« und Fotos von Gewaltopfern in die Höhe. AFP/nd

Dazu passende Podcast-Folgen:

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.