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Die Wirtschaftsverbände freuen sich
Wenn Deutschland ein führender Standort für Künstliche Intelligenz werden soll, müssen die Beschäftigten mitgenommen werden, meint Alexander Ulrich
Die Bundesregierung hat ihre Strategie zur Künstlichen Intelligenz (KI) veröffentlicht und dafür viel Lob geerntet – vor allem von Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden. »Gut, angenehm, pragmatisch und teilweise sogar überraschend mutig«, urteilt etwa der Verband der Digitalwirtschaft. Die Freude ist nachvollziehbar, denn Unternehmern hat die Bundesregierung in der Tat einiges zu bieten. Drei Milliarden Euro öffentlicher Gelder sollen in die Hand genommen werden, um die deutsche Digitalwirtschaft aktiv anzukurbeln.
Nun ist grundsätzlich nichts dagegen zu sagen, wenn der Staat Geld in die Hand nimmt, um Wachstumsimpulse in Zukunftssektoren zu setzen. Doch die Strategie der Bundesregierung hat eine gewaltige Schieflage. Denn während die Unternehmer jubeln dürfen, werden die Arbeitnehmer mit Lippenbekenntnissen und Floskeln abgespeist. Wenn es um den sozialen Ausgleich, Arbeitsbedingungen und Beschäftigungssicherheit geht, bleibt das Papier vage.
Zwar bekennt sich die Regierung dazu, dass die KI-Anwendungen »vor allem den Menschen dienen sollen«. Doch die dafür notwendigen Maßnahmen lässt sie vermissen. Hier muss dringend nachgearbeitet werden, denn sonst werden die massiven Veränderungen der Arbeitswelt für die Beschäftigten zum Horrorszenario. Werden sie nicht geschützt, drohen eine weitere Zunahme der Flexibilitätsanforderungen, Arbeitsverdichtung, verstärkte Kontrollen und letztlich Verdrängung von den Arbeitsplätzen.
KI ist eben nicht nur eine technische Frage und politisch nicht nur eine des Standortwettbewerbs. Wenn die neue Technik tatsächlich den Menschen dienen soll, müssen diese auf die Veränderungen vorbereitet und vor unsozialen Auswüchsen geschützt werden. Deshalb braucht es eine Beschäftigungsstrategie und eine Stärkung von sozialen Sicherungssystemen. Und es muss über kürzere Arbeitszeiten nachgedacht werden, um die Beschäftigungsfolgen zu bewältigen, wie der DGB zurecht fordert.
Ein weiteres wichtiges Feld, auf dem die Strategie viel zu vage bleibt, ist die Weiterbildung. Zwar vernichtet die Digitalisierung nicht nur Arbeitsplätze, sondern bringt auch viele neue hervor. Doch die Tätigkeiten werden ganz andere sein. Darauf müssen die Arbeitnehmer vorbereitet werden. Die angekündigte Nationale Weiterbildungsstrategie muss daher schnell konkretisiert werden und zu Ergebnissen führen.
Beratungsangebote reichen nicht. Vor allem müssen hochqualitative berufliche Weiterbildungsangebote organisiert und finanziert werden. Dabei können allerdings staatliche Angebote nur eine Säule sein. Die Unternehmen müssen in die Pflicht genommen werden, entsprechende Angebote zu machen, wenn Qualifikationsdefizite drohen. Die Beschäftigten müssen in Fragen der betrieblichen Weiterbildung starke Initiativ- und Mitbestimmungsrechte haben.
Auch braucht es Regeln, die die Beschäftigten davor schützen, dass die neue Technik gegen sie gewendet wird. Es kann nicht sein, dass die Arbeit immer weiter verdichtet wird und die Kontrolle immer weiter zunimmt. Man denke nur an Unternehmen wie LIDL, IKEA oder Amazon, um sich vorzustellen, was in manchen Unternehmen los ist, wenn die Arbeitgeber über immer neue Kontrollmöglichkeiten verfügen, ohne dass es dafür klare und strenge Regeln gibt.
Bei alldem bleibt die Bundesregierung vieles schuldig. Wenn Deutschland ein führender KI-Standort werden soll, müssen die Beschäftigten mitgenommen werden und davon profitieren. Hierfür wäre es ein richtiges Signal der Bundesregierung gewesen, konkrete Ideen der Gewerkschaften und Betriebsräte in die KI-Strategie aufzunehmen und in den Vordergrund zu rücken. Das wurde völlig versäumt. Ob die KI, bei all ihrem sozialen und politischen Potenzial, mit dieser Strategie tatsächlich den Menschen und nicht nur den großen Wirtschaftsunternehmen dienen wird, bleibt leider zweifelhaft.
Alexander Ulrich ist Industriepolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag und Stellvertretendes Mitglied der Enquete-Kommission »Künstliche Intelligenz«.
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