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Die Angst vorm perfekten Menschen

In China wurden erstmals genmanipulierte Babys geboren. Ist das zum Fürchten?

Zumindest ist die Sache bedenklich. Wir wissen von den wenigsten Genen ganz genau, welche Eigenschaften sie bestimmen und welche sonstige Funktion sie vielleicht haben. Nebenwirkungen sind immer möglich und selten positiv.

Zur Person
Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenschaftsredakteur des »nd« und der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere.
Wolfgang Hübner fragte ihn nach Genmanipulationen. ⋌

Das Ziel war es, die beiden Embryos gegen den Ausbruch von Aids zu immunisieren. Kann man schon sagen, ob das funktioniert hat?

Meldungen zufolge hat es bei einem Embryo nicht korrekt geklappt. Aber das ist eben nur der eine Aspekt. Denn dieses Gen, das da umgebaut wurde, hat sich die Evolution nicht ausgedacht, um Aids abzuwehren; der HI-Virus tritt erst seit ein paar Jahrzehnten bei Menschen auf.

Was können denn Genetiker gegen Aids tun?

Manche Menschen können nicht an Aids erkranken. Die haben eine genetische Sperre, die verhindert, dass HI-Viren in die Körperzellen eindringen. Das haben die Genetiker in China jetzt künstlich zu erzeugen versucht.

Mit dem Risiko von Nebenwirkungen.

In der Zeitschrift »Nature« schrieb mal jemand, der an der Lungenkrankheit Mukoviszidose litt: Natürlich wäre es schön, das mit einer Gentherapie zu verhindern, aber es gebe Hinweise darauf, dass das betreffende Gen zum Schutz vor einigen Infektionskrankheiten beiträgt. Kann es das noch, wenn es verändert wird?

Wäre ein Eingriff wie in China hier möglich?

Nein. In den meisten europäischen Ländern sind genetische Eingriffe in der Keimbahn, die also vererbt werden können, nicht erlaubt. In einigen Ländern können aber Ausnahmen genehmigt werden. Etwa in Großbritannien.

Was spricht dagegen, Methoden zu entwickeln, mit denen man Menschen helfen kann?

Eine der heiß diskutierten Fragen: Kann man genetische Erkenntnisse nicht auch eugenisch anwenden? Zum Ausschluss aller vermeintlichen und wirklichen Defekte aus dem Erbgang. Sozusagen zur Züchtung perfekter Menschen.

Eine alte Idee.

Aus den 20er Jahren stammt eine Satire von Ilja Ehrenburg: »Der vervollkommnete kommunistische Mensch«. Da erfindet ein Funktionär ein Schema für den perfekten Menschen, und so entsteht ein Double seiner selbst. Das geht gegen den Baum: Am Ende wollen seine Freundin und seine Genossen nicht mehr mit ihm sprechen, weil das perfekte Double sie alle fertiggemacht hat.

Ein Vorwurf an den chinesischen Genetiker lautet, er spiele Gott. Aber der Mensch, wenn er nie ins Vorgegebene eingegriffen hätte, säße immer noch in der Höhle.

In der globalisierten Welt gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber, was moralisch und rechtlich zulässig ist. Letztlich probieren die Menschen alles aus, was sie können.

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