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»Die prägendste Zeit in meinem Leben«
Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt spricht über ihre Trainerin Jutta Müller, die an diesem Donnerstag ihren 90. Geburtstag feiert
Jutta Müller hat Sie an die Weltspitze und zu zwei Olympiasiegen geführt. Sie ist über viele Jahre ein großer Bestandteil Ihres Lebens gewesen ...
Die Zeit mit ihr war die prägendste in meinem Leben. Sie hat mich als Nachwuchsläuferin entdeckt. Und selbst als Kind wusste man: Wenn Frau Müller ein Auge auf eine Kleine geworfen hat, kommt man wirklich bald bei den ganz Großen an.
Den mahnenden Zeigefinger von Jutta Müller, wie hier bei den Olympischen Winterspielen 1984 in Sarajevo, kennt Katarina Witt nur allzu gut. »Sie war streng und ließ nichts durchgehen«, erinnert sich die heute 53-Jährige im Gespräch mit Andreas Schirmer (dpa) an ihre Trainerin: »Aber der Erfolg gab ihr recht.« Mit Müller wurde die Eiskunstläuferin aus Karl-Marx-Stadt 1984 und 1988 Olympiasiegerin, 1984, 1985, 1987 und 1988 Weltmeisterin sowie von 1983 bis 1988 sechsmal Europameisterin. An diesem Donnerstag wird Jutta Müller 90 Jahr alt. »Ohne sie hätte ich nie diese Weltkarriere erreicht«, lobt Witt. Jutta Müller gewann mit ihren Sportlern 55 internationale Medaillen - und ist damit die erfolgreichste Eiskunstlauftrainerin der Welt. Foto: imago/Sven Simon
Welchen Anteil hat sie an Ihren großen Erfolgen?
Sie ist natürlich maßgeblich an meinen Erfolgen beteiligt. Ich würde so weit gehen, zu sagen: Ohne sie hätte ich nie diese Weltkarriere erreicht. Zur damaligen Zeit war sie schon die erfolgreichste Trainerin weltweit und hatte mit Gaby Seyfert, Jan Hoffmann und Anett Pötzsch die Weltspitze im Eiskunstlauf geprägt.
Jutta Müller war nicht nur eine erfolgreiche, sondern auch eine rigorose Trainerin, die viel verlangte.
Man wusste, sie ist streng und sie ließ nichts durchgehen. Aber der dauerhafte Erfolg gab ihr auch recht. Die Zeit mit ihr hat mich für immer gestählt.
Abgesehen von ihrer Strenge: Was war ihr Erfolgsgeheimnis?
Sie hat Talent erkannt und war selbst getrieben, dass man dies nicht vergeudet. Da war sicherlich ein großer Teil eigener Ehrgeiz bei ihr dabei, aber eben so, dass sie sich verantwortlich fühlte, das Beste gemeinsam mit dem Sportler herauszuholen. Und sie war eine Frau, die den Begriff 24/7 gelebt hat. Ihr Kopf hat immer gerattert, sie hat eigentlich nur ans Eiskunstlaufen gedacht und hat nichts dem Zufall überlassen.
Wie lange hat es gedauert, um nach harten Jahren ein entspannteres Verhältnis zu ihr zu bekommen als das von Trainerin zu Athletin?
Es war schon entspannter, als ich mit ihr das Projekt Olympische Winterspiele 1994 in Lillehammer angegangen bin. Das war schon auf einer anderen Ebene. Ich sehe sie als Teil meiner Familie, weil sie seit meinem neunten Lebensjahr ein Teil meines Lebens ist. Selbst als Trainerin hat sie sich, wenn wir unterwegs waren, sehr rührend um ihre Sportler gekümmert - auch wenn sie immer aufgepasst hat, dass man nicht zu viel Eis und Schokolade aß. Irgendwann hat sich natürlich das Verhältnis geändert. Trotzdem ist von meiner Seite weiterhin ein großer Respekt da, eine große Verehrung und große Dankbarkeit. Lustigerweise sieze ich sie auch noch immer.
Hat Jutta Müller das Projekt Lillehammer noch befürwortet? Sie waren 28 Jahre alt: Das Olympia-Comeback war nicht ohne Risiko.
Ja, das war auch ihr bewusst. Ich war jedoch von Anfang an ehrlich, dass es nicht darum ging, eine weitere Medaille zu erringen. Ich wollte noch mal Olympia erleben und die Kür »Sag mir, wo die Blumen sind« zeigen. Auf diesen Deal hat sie sich eingelassen. Vielleicht hätte ich mir im Nachhinein ein bisschen mehr Strenge gewünscht.
Auch für Jutta Müller war es nach der Wende ein schönes Projekt, weil im Westen bei der Deutschen Eislauf-Union ihre Expertise nicht gefragt war.
Ja, leider gehörte auch sie zu den Welklassertrainern aus der DDR, die man nach der Wende bedauerlicherweise kaltgestellt hat. Deshalb wollte ich, dass sie mit unserem gemeinsamen Lillehammer-Abenteuer den verdienten Respekt noch einmal zu spüren bekommt. nd/dpa
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