Scheinheilige Tränen

Roland Etzel zu westlichen Klagen über den Verrat an den Kurden

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

US-Präsident Donald Trump hat einmal mehr Gegner und Verbündete düpiert. Die Ankündigung, die US-Soldaten aus Syrien zurückzuziehen, die offiziell zur Unterstützung der Kurdenmilizen eingesetzt sind, wird scharf kritisiert - vor allem als Verrat an den Kurden, da scheinen sich Außenminister Heiko Maas mit den Grünen und Berlin mit London und Paris einig.

Blickt man etwas genauer auf die Erklärungen, offenbart sich doch ein ziemliches Maß Scheinheiligkeit. Dass Berlin und Paris nun ihr Herzblut für die Kurden fließen lassen, liegt doch vornehmlich daran, dass man, ähnlich wie bis jetzt die Nahost-Strategen des US-Außenministeriums, in ihnen eine Plattform zum Aufmarsch gegen Damaskus sah - und im weiteren auch gegen Moskau und Teheran. Ob das den Intentionen der Kurden tatsächlich entsprach, steht dahin. Aber wer wollte ihnen vorwerfen, dass sie mit den US-Amerikanern womöglich die falschen Verbündeten wählten? Nur der, der sicher behaupten kann, dass sie tatsächlich eine Wahl hatten in ihrer stets bedrängten Situation.

Für Maas, Macron und May trifft dies weniger zu. Wenn sie jetzt Krokodilstränen über den »Verrat« an den Kurden vergießen, weil die Türken mit ihrem Vorgehen gegen die Kurden in Syrien deren Lebensrecht missachten, sollte man sie fragen, wo ihr Aufbegehren war, als Erdogan Türkisch-Kurdistan zerbombte und dessen gewählte Vertreter ins Gefängnis warf. Da war und ist wenig Protest zu vernehmen.

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