Aufstand mit Etikette

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Den Unterschied zwischen Frankreich und Deutschland in puncto Protestkultur hat niemand anderes als der große deutsche Patriot Heinrich Heine, der im Pariser Exil darben musste, treffend beschrieben. In »Deutschland, ein Wintermärchen« lässt er sein poetisches Ich in einer Traumsequenz dem alten Kaiser Rotbart die Funktionsweise der Guillotine mit französischer Nonchalance erklären: »Man zieht eine Schnur, dann schießt herab/ Das Beil, ganz lustig und munter/ Bei dieser Gelegenheit fällt dein Kopf/ In einen Sack hinunter.« Der Schläfer vom Kyffhäuser ist darob sehr erbost: »Schweig still, von deiner Maschine/ Will ich nichts wissen, Gott bewahr’/ Daß ich mich ihrer bediene!« - was Heine zur Einsicht bringt, dass mit diesem Alten im Konkreten und den Altdeutschen im Allgemeinen keine Revolution in Deutschland zu machen ist.

Diesbezüglich hat sich wenig geändert. In Deutschland neigt man noch heute dazu, besinnungslos auf die Herrschaft verbal einzuschlagen, während man in Frankreich zwar schon immer brutaler in der revolutionären Praxis war, dabei aber stets republikanische Gesinnung zeigte. Und wie man einst die Herren und Damen des Adels bei den Welschen mit Etikette zur Guillotine führte, bewahren die »Gelbwesten« im Nachbarland auch heute Anstand im Aufstand. Während hierzulande von rechten wie linken Populisten Lügenpresse gegrölt wird, um einen ganzen Berufsstand moralisch zu köpfen, echauffierte man sich in Frankreich bei den jüngsten Protesten mehr über die Kollaborateure in den Medien, die sich mit der Macht gemeingemacht haben. Und auf den Protestzügen wurde nicht »Macron muss weg!« skandiert, sondern nach alter republikanischer Sitte der Rücktritt des Präsidenten gefordert. Macron müsste zwar das Fallbeil der politischen Moral fürchten, aber kaum, zum Volksverräter gestempelt zu werden. jam Foto: Album/Oronoz

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