Werbung

Frohes Fest mit Gleitschuhen

Andreas Fritsche denkt Weihnachten nicht an Jesus

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn mir jemand frohe Weihnachten wünscht, denke ich dabei nie an diesen Jesus, der behauptet hat, er sei der Messias. Wenn früher die Weihnachtsgeschichte mit den drei Weisen aus dem Morgenland im Westfernsehen lief, habe ich auf einen Ostkanal umgeschaltet. Da lief dann »Drei Haselnüsse für Aschenbrödel«. Über Jesus weiß ich natürlich Bescheid. Ich habe aus Wissensdurst die Bibel genauso gelesen wie den Koran und die vier edlen Wahrheiten des Buddhismus. Aber Weihnachten hat für mich keine religiöse Bedeutung. Da geht es mir wie der großen Mehrheit der Ostdeutschen.

Weihnachten ist für mich das Fest, bei dem ich Gleitschuhe bekomme. Ich bin ein kleiner Knirps. Wir leben in einer winzigen Wohnung mit nassen Wänden, das Plumpsklo auf dem Hof. Aber ich kenne es nicht anders und bin überglücklich. Denn der Weihnachtsmann - ein verkleideter Onkel - kommt mit einem großen Sack voller Geschenke, darunter meine ersten Gleitschuhe. Das war mein schönstes Weihnachtsfest. Mitte der 1970er Jahre ist das gewesen.

Stärkt unabhängigen linken Journalismus...

Jeden Tag lesen rund 25.000 Menschen unsere Artikel im Internet, schon 2600 Digitalabonennt*innen und über 500 Online-Leser unterstützen uns regelmäßig finanziell. Das ist gut, aber da geht noch mehr! Damit wir weiterhin die Themen recherchieren können, die andere ignorieren und euch interessieren. Hier mitmachen!

Mitte der 1990er Jahre wollte eine Einzelhandelskette die Personalkosten drücken und kündigte einigen Verkäuferinnen eiskalt am 23. Dezember. Es erwischte auch meine Mutter. Von wegen frohe Botschaft. Weihnachten war gelaufen. Ich könnte dafür beten, dass niemand so etwas erleben muss. Aber beten hilft nicht. Darum wünsche ich frohe Weihnachten mit Gleitschuhen - und guten Rutsch.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.